aa) Abitur – Lehre – Studium
Der Unterhalt eines Kindes umfasst gem. § 1610 Abs. 2 BGB die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern hält. Eltern, die dem Kind eine solche Berufsausbildung gewährt haben, sind grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Eine fortdauernde Unterhaltsplicht kommt jedoch in Betracht, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich wurde (vgl. BGH FamRZ 2006, 1100; 1989, 853). Bei der schwierigen Abgrenzung der sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle ist auf die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Der BGH (FamRZ 2017, 799 m. Anm. Born FamRZ 2017, 785 = NJW 2017, 1478 = MDR 2017, 457) hat einen sachlichen Zusammenhang zwischen Banklehre und Lehramtsstudium trotz der Verschiedenheit der Berufssparten in einem Fall für zumindest möglich erachtet, in dem ein durch die Banklehre vermitteltes Wissen geeignet war, für das anschließende Studium der Wirtschaftspädagogik einen konkreten Nutzen zu entfalten.
Literaturhinweis:
Vgl. auch den Beitrag von Viefhues, Der Unterhalt des volljährigen Kindes, ZAP F. 11, S. 1391.
bb) Vorwerfbarer Informationsmangel bzgl. der Ausbildungspläne
Der BGH (FamRB 2017, 245 m. Hinw. Liceni-Kiersteim) hält an seiner Rechtsprechung fest, dass es grundsätzlich keine feste Altersgrenze für die Aufnahme und Beendigung einer Ausbildung gibt, die sich nachteilig auf den Unterhaltsanspruch auswirkt. Bei der gebotenen Zumutbarkeitsprüfung sind jedoch nicht nur das Alter, die Dauer der Weiterbildung und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern von Bedeutung, sondern im Hinblick auf das Gegenseitigkeitsverhältnis auch das Gebot der Information über die Ausbildungspläne, deren grobe Verletzung zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs führen kann. Hat das Kind bei Studienbeginn bereits das 25. Lebensjahr vollendet und seinen Elternteil, der nur bis zum Abitur zur Unterhaltsleistung in Anspruch genommen worden war, nach dem Abitur nicht über seine Ausbildungspläne informiert, so muss der Elternteil nicht mehr damit rechnen, dass 6 Jahre nach dem Abitur ein Studium begonnen wird. Die Inanspruchnahme des Elternteils auf den Ausbildungsunterhalt kann sich als unzumutbar erweisen.