1. Elterliche Sorge
a) Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung
Der BGH (FamRZ 2017, 212 m. Anm. Rake FamRZ 2017, 285 = NJW 2017, 1032 m. Bespr. Heilmann NJW 2017, 986 = FamRB 2017, 48 m. Hinw. Clausius = MDR 2017, 339 = FuR 2017,148 m. Bearb. Soyka) hat den Gefährdungsbegriff des § 1666 BGB weiter konkretisiert und herausgestellt, welche Kinderschutzmaßnahmen jeweils unter Beachtung ihrer Angemessenheit geboten sind. Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine gegenwärtige, in einem solchen Maße vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Bei den zur Abwendung der Gefahr angeordneten Weisungen, die einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen bedeuten, sind nur die in § 1666 Abs. 3 BGB ausdrücklich benannten oder diesen vergleichbare Maßnahmen gerechtfertigt.
Hinweis:
Der BGH betont, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts für das Kindeswohl umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je schwerer der drohende Schaden wiegt. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist auch das Verhältnis zwischen der Schwere des Eingriffs in die elterliche Sorge und dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für das Kind zu beachten. Die auch teilweise Entziehung der elterlichen Sorge ist daher nur bei einer erhöhten Wahrscheinlichkeit, nämlich ziemlicher Sicherheit, verhältnismäßig.
b) Namensänderung
Wenn sich die Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge in einer einzelnen Angelegenheit, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen können, kann nach § 1628 S. 1 BGB das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Bei der Namensänderung handelt es sich nach allgemeiner Auffassung um eine solche Angelegenheit. Gemäß § 3 Abs. 1 NÄG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Der BGH (FamRZ 2017, 119 m. Anm. Hilbig-Lugani = NJW 2017, 1242 = MDR 2017, 92 = FuR 2017, 88 m. Bearb. Soyka) legt dar, dass eine Übertragung zu unterbleiben hat, wenn sich nach umfassender Amtsaufklärung keine Erforderlichkeit der Namensänderung für das Kindeswohl ergibt. Es müssen entweder durch die Beibehaltung des Namens schwerwiegende Nachteile für das Kind zu gewärtigen sein oder die Namensänderung muss für das Kind solche Vorteile mit sich bringen, dass verständigerweise die Aufrechterhaltung des Namensbandes zum anderen Elternteil nicht zumutbar erscheint. Der Wunsch des Kindes kann ebenso wie der gleichgerichtete Wunsch des betreuenden Elternteils noch nicht das Erfordernis ergeben. Eine Namensänderung ist auch nicht schon dann gerechtfertigt, wenn sie nur dazu dienen soll, dem Kind die mit der Namensverschiedenheit zum sorgeberechtigten Elternteil verbundenen Unannehmlichkeiten zu ersparen.
c) Auskunftsanspruch
aa) Adressaten und Umfang
Nach § 1686 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Der BGH (FamRZ 2017, 378 m. Anm. Fröschle = NJW 2017, 1239 m. Anm. Löhnig = MDR 2017, 524 = FamRB 2017, 89 m. Hinw. Clausius = FuR 2017, 206 m. Bearb. Soyka) stellt hierzu klar, dass auch der auf Umgangskontakte beschränkte Elternteil als Antragsgegner in Betracht kommt, da das Gesetz nicht darauf abstellt, welcher Elternteil die Obhut über das Kind ausübt. Er führt weiter aus, dass im Hinblick auf den Gesetzeszweck in entsprechender Anwendung des § 1686 BGB einem Elternteil auch ein Auskunftsanspruch gegenüber Anspruchsgegnern gewährt werden kann, die nicht Elternteil, aber in ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem solchen vergleichbar sind, wie etwa das Jugendamt. Ein berechtigtes Interesse besteht dann, wenn der Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten. Eine solche anderweitige Möglichkeit kann ggf. der Umgang mit dem Kind darstellen, aber auch in sonstigen Informationsquellen bestehen, wenn diese eine ausreichende Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen des Kindes vermitteln.
Hinweis:
Adressat des Auskunftsanspruchs kann auch der Vormund sein sowie der Pfleger, dessen Wirkungskreis die Personensorge umfasst, nicht jedoch eine Pflegeperson.
bb) Vollstreckung
Der BGH (FamRZ 2017, 918 = FamRB 2017, 213 m. Hinw. Giers) nimmt mit der überwiegenden Meinung an, dass eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung über die persönlichen Verhältnisse eines Kindes durch die Verhängung von Zwangsgeld gem. § 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, § 888 ZPO vollstreckt wird und nicht nach §§ 88 ff. FamFG durch Festsetzung eines Ordnungsgeldes, da es sich um eine neben der Regelung des Umgangs selbstständig geschuldete Plicht handelt.
d) Anspruch der Eltern auf Rückführung des Kindes aus der Pflegefamilie
Wenn die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen wollen, kann das Familiengericht gem. § 1632 Abs. 4 BGB von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen, dass das Kind, das seit längerer Zeit in der Familienpflege lebt, bei der Pflegepers...