– Gegenstandswert; Kostenfestsetzungsverfahren; Terminsgebür
I. Gegenstandswert bei Kontenpfändung
In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, nach welchem Gegenstandswert sich die 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG des Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers berechnet, der für seinen Mandanten einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, mit dem der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung der zu seinen Gunsten bestehenden Guthaben seiner Girokonten gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen wird. Dies hat insbesondere dann erhebliche praktische Auswirkungen, wenn die zu vollstreckende Forderung relativ hoch, das Guthaben auf dem gepfändeten Konto hingegen wesentlich geringer ist. Zu diesen Problemen hat sich der BGH vor einiger Zeit geäußert (RVGreport 2017, 469 [Hansens] = JurBüro 2017, 212).
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der – anwaltlich vertretene – Gläubiger wegen einer Forderung i.H.v. 152.306,60 EUR zzgl. 10,45 EUR Zustellungskosten einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt. Mit diesem Beschluss wurden u.a. der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung der zu seinen Gunsten bestehenden Guthaben seiner sämtlichen Girokonten bei der Drittschuldnerin einschließlich der Ansprüche auf Gutschrift der eingehenden Beträge, die gegenwärtige und künftige Forderung des Schuldners gegenüber der Drittschuldnerin auf Auszahlung eines vereinbarten Dispositionskredits, soweit der Schuldner den Kredit in Anspruch nimmt, sowie der Anspruch auf Auszahlung eines bestehenden Sparguthabens gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen.
Das Vollstreckungsgericht hat die dem Gläubiger gem. § 788 ZPO zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 152.317,05 EUR ermittelt und zugunsten des Gläubigers in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss tituliert. Der Schuldner hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die zu erstattenden Anwaltskosten des Gläubigers berechneten sich lediglich nach einem Gegenstandswert von 6.050,00 EUR, dem Betrag des Guthabens auf dem gepfändeten Girokonto. Der BGH hat die Berechnung des Vollstreckungsgerichts bestätigt.
1. Rechtliche Grundlage
Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung, höchstens jedoch nach dem Wert des gepfändeten Gegenstands. Soll ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden und hat dieser einen geringeren Wert, so ist nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 RVG der geringere Wert maßgeblich.
2. Auffassung des BGH
Der BGH hat die Auffassung vertreten, der Gegenstandswert bestimme sich nicht nach dem Betrag des Guthabens i.H.v. 6.050,00 EUR, das auf dem von der Pfändung erfassten Girokonto des Schuldners vorhanden gewesen war. Die Wertvorschrift des § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 RVG, wonach höchstens der Wert des gepfändeten Gegenstands maßgeblich ist, war nach Auffassung des BGH hier nicht einschlägig. Denn mit dem vom Gläubiger beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss habe neben dem Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des auf seinem Girokonto bestehenden Guthabens auch der Anspruch auf Gutschrift der auf dem Konto eingehenden Beträge sowie die gegenwärtige und künftige Forderung des Schuldners gegenüber der Drittschuldnerin gepfändet werden sollen. Damit habe sich die Zwangsvollstreckung nicht auf das im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung vorhandene Guthaben beschränkt.
3. Gebührentipp
Der Entscheidung des BGH ist zu entnehmen, dass die Beschränkung des Gegenstandswerts auf das im Zeitpunkt der Pfändung vorhandene Kontoguthaben nur dann eingreift, wenn sich die Zwangsvollstreckung allein auf das im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung vorhandene Guthaben erstreckt. Im Regelfall wird jedoch der Gläubigervertreter bei der Forderungspfändung in das Girokonto des Schuldners darüber hinaus weitergehende Ansprüche pfänden lassen, wie es hier auch der Gläubiger im Falle des BGH getan hat. Üblicherweise werden nämlich außerdem die Ansprüche des Schuldners auf Gutschrift der eingehenden Beträge und die gegenwärtige sowie künftige Forderung des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner auf Auszahlung eines vereinbarten Dispositionskredits gepfändet, soweit der Schuldner diesen Kredit in Anspruch nimmt. Damit ist für die Berechnung der 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG der Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung maßgebend.
4. Exkurs: Pfändung einer wertlosen Forderung
Wie sich der Gegenstandswert bei Pfändung einer sich als wertlos erweisenden Forderung berechnet, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (s. hierzu ausführlich Hansens ZAP F. 24, S. 1545, 1550 ff.). Nach einer weit verbreiteten Auffassung berechnen sich die Gebühren des Gläubigervertreters im Falle der Pfändung einer wertlosen Forderung entweder nur nach dem gesetzlichen Mindestwert von 500 EUR oder es wird die 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG lediglich in Höhe der Mindestgebühr des § 13 Abs. 2 RVG angesetzt (s. hierzu auch OLG Brandenburg RVGreport 2016, 470 [Hansens]). Zu dieser Streitfrage hat sich der BGH in seinem vorstehend erörterten Besch...