1. Auszugleichende Anrechte
a) Direktleistungen Dritter
Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist. Der BGH (NJW 2018, 1876) hat die Entscheidung des OLG Zweibrücken bestätigt, dass auch solche Anrechte, die aufgrund von Direktleistungen von Beiträgen durch Dritte gem. § 119 Abs. 1 SGB X erworben wurden (hier: Beitragszahlungen durch einen Haftpflichtversicherer als Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall) durch das Vermögen des Geschädigten geschaffen worden sind und damit dem Versorgungsausgleich unterliegen. Der Schadensersatzanspruch ist zwar bereits im Zeitpunkt des Schadensereignisses nach § 119 Abs. 1 SGB X auf den Rentenversicherer übergegangen, wobei die gezahlten Beiträge des Haftpflichtversicherers gem. § 119 Abs. 3 SGB X als Pflichtbeiträge gelten. Sie sind jedoch dem Vermögen des Geschädigten zuzuordnen.
Hinweis:
§ 119 SGB X dient nur der sozialen Sicherung des Geschädigten und verlängert den schadensrechtlichen Individualausgleich in das System der Sozialversicherung hinein.
b) Tätigkeit in einer Behindertenwerkstatt
Der BGH (FamRZ 2018, 904 = MDR 2018, 673) hat klargestellt, dass auch das durch die Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen erworbene Anrecht grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterfällt, weil es durch Arbeit i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG geschaffen ist. Die Vorschrift verlangt kein beitragsfinanziertes Versorgungssystem, sondern nur einen Kausalitäts- und Zurechnungszusammenhang zwischen der Arbeitsleistung des Ehegatten und seinem Rentenanspruch. Im entschiedenen Fall hat der BGH auch nicht beanstandet, dass das OLG nicht durch Anwendung des § 27 VersAusglG von der Teilung des Anrechts ganz oder teilweise abgesehen hat, weil ein unbilliges wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen den beteiligten Eheleuten jedenfalls nicht daraus abgeleitet werden konnte, dass der Ehemann als Ausgleichsberechtigter bereits anderweitig voll abgesichert sei, während die insgesamt ausgleichspflichtige Ehefrau auf die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung ihres Unterhalts dringend angewiesen sei. Der Anrechtserwerb durch einen behinderten Menschen unter Anwendung der besonderen Beitragsbemessung nach § 162 Nr. 2 SGB VI rechtfertigt für sich genommen keine Beschränkung des Versorgungsausgleichs gem. § 27 VersAusglG.
2. Wahlrecht bei der betrieblichen Altersversorgung
Bei einem Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes kann der Versorgungsträger von der ausgleichspflichtigen Person nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG die externe Teilung verlangen. In einem solchen Fall steht der ausgleichsberechtigten Person gem. § 15 Abs. 1 VersAusglG ein Wahlrecht hinsichtlich der Zielversorgung zu. Das Wahlrecht ist innerhalb einer vom Familiengericht zu setzenden Frist auszuüben (§ 222 Abs. 1 FamFG) und zugleich ist nachzuweisen, dass der ausgewählte Versorgungsträger mit der vorgesehenen Teilung einverstanden ist (§ 222 Abs. 2 VersAusglG). Wenn das Wahlrecht nicht ausgeübt wird, wird das Anrecht bei der Versorgungsausgleichskasse begründet.
Nach einer Entscheidung des BGH (FamRZ 2018, 429 = FamRB 2018, 139 m. Hinw. Siede) kann die ausgleichsberechtigte Person das Wahlrecht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist noch anderweitig ausüben, auch wenn sie zuvor die Versorgungsausgleichskasse gewählt hat, sie verzichtet damit nicht auf ihr Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 VersAusglG. In dieser Benennung liegt lediglich ein Verzicht auf den Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist. Das Gericht hat ggf. der ausgleichsberechtigten Person Gelegenheit zu geben, die Zustimmung des ausgewählten Versorgungsträgers nachzuweisen.
Hinweis:
Der zu zahlende Kapitalbetrag ist zur Berücksichtigung der Wertsteigerung des auszugleichenden Anrechts zwischen dem Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich mit dem zur Ermittlung des Ausgleichswerts verwendeten Rechnungszins zu verzinsen, nicht aber um Zinseszinsen zu erhöhen.
3. Kürzungsregelungen
a) Teilungsanordnung
Bei der externen Teilung nach § 14 VersAusglG erschöpft sich die Wirkung der gerichtlichen Entscheidung in der Anordnung der Teilung und in der Festsetzung des Zahlbetrags, der an den Zielversorgungsträger zu zahlen ist (vgl. BGH FamRZ 2013, 1546). Die Frage, welchen Inhalt das der ausgleichspflichtigen Person verbleibende Anrecht hat, beurteilt sich insbesondere nach der Versorgungsordnung und der Teilungsordnung des Versorgungsträgers des Ausgleichspflichtigen. In dem oben erwähnten Urteil (BGH FamRZ 2018, 893 m. Anm. Borth) hat der BGH geklärt, dass das Familiengericht befugt ist, die Teilungsanordnung nicht nur wegen der Gewährleistung gleichwertiger Teilhabe für den Ausgleichsberechtigten, sondern auch im Hinblick auf eine mögliche Benachteiligung des Ausgleichspflichtigen bei der Kürzung seines Anrechts zu überprüfen. Der Halbteilungsgrundsatz gebietet es nicht nur, dass die ausgleichsberechtigte Person die Hälfte des in der Ehezeit erworbenen Anrechts abzüglich der anteiligen Kosten der Teilung erhält, sondern ebenso, dass der ausgleichspflichtigen Person die Hälfte des von ihr erworbenen Anrech...