1. Zusätzliche Betreuungsvoraussetzungen
a) Fehlen eines freien Willens
Der BGH (FamRZ 2018, 205 = MDR 2018, 410 = FuR 2018, 49 m. Hinw. Soyka; im Anschluss an BGH FamRZ 2016, 970) betont erneut, dass im Betreuungsverfahren neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen ist, ob dem Betroffenen die Fähigkeit fehlt, einen freien Willen zu bilden, wenn er eine Betreuung ablehnt. Nach § 1896 Abs. 1a BGB darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden, wenn der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt. Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein. Das Gutachten muss Art und Ausmaß der Erkrankung und deren Auswirkungen auf die Fähigkeit zur freien Willensbildung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchungen und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen.
Hinweis:
Die tatrichterliche Feststellung, die freie Willensbildung des Betroffenen sei „erheblich beeinträchtigt“, erlaubt nicht den Schluss, dass der Betroffene zu einer freien Willensbildung nicht mehr in der Lage ist (BGH FamRZ 2018, 848 = MDR 2018, 598).
b) Betreubarkeit des Betroffenen
An der Erforderlichkeit einer Betreuung kann es im Einzelfall fehlen, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist (BGH FamRZ 2018, 54 = FuR 2018, 51 m. Hinw. Soyka; vgl. BGH FamRZ 2016, 1350). Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit ist Zurückhaltung geboten.
Die Erforderlichkeit einer Betreuung kann gem. § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB bei Vorliegen von Alternativen entfallen. Dies ist bei der Möglichkeit einer Bevollmächtigung der Fall, wenn jemand zur Übernahme der anfallenden Aufgaben als Bevollmächtigter bereit und in der Lage ist und der Betroffene ihm das für eine Vollmachtserteilung erforderliche Vertrauen entgegenbringt (BGH FamRZ 2018, 54 = FuR 2018, 51 m. Hinw. Soyka; vgl. BGH FamRZ 2015, 2049).
Auch eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich nicht entgegen. Trotz Vorsorgevollmacht kann eine Betreuung erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Geeignetheit oder Redlichkeit als ungeeignet erscheint (BGH MDR 2018, 742).
2. Betreuerauswahl
a) Vorschlag des Betroffenen
Gemäß § 1897 Abs. 3 S. 1 BGB ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wunsch ist auch dann beachtlich, wenn der Betroffene nicht geschäftsfähig ist oder ihm die natürliche Einsichtsfähigkeit fehlt. Auch seine Motivation ist insoweit ohne Bedeutung (BGH FamRZ 2018, 947 m. Anm. Fröschle = NJW 2018, 1878). Etwaigen Missbräuchen und Gefahren wird hinreichend durch die begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung eines solchen Vorschlags begegnet.
Der BGH (FamRZ 2018, 945 m. Anm. Fröschle) betont, dass der Wille des Betroffenen nur dann unberücksichtigt bleiben kann, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwider läuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will.
b) Geeignetheit des Betreuers
Zu den Aufgaben des Betreuungsgerichts gehört es, geeignete Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche rechtliche Betreuung zu schaffen. Die Beurteilung, ob eine bestimmte Person als Betreuer eines konkreten Betroffenen geeignet ist, erfordert die Prognose, ob der potenzielle Betreuer voraussichtlich die sich aus der Betreuungsführung und den damit verbundenen Pflichten i.S.d. § 1901 BGB folgenden Anforderungen erfüllen kann (BGH ZAP EN-Nr. 120/2018 = FamRZ 2018, 206 = MDR 2018, 32). Deshalb muss bei der Betreuerauswahl Bedacht darauf genommen werden, dass für Betroffene mit schwieriger Persönlichkeit ein Betreuer bestellt wird, der dieser Herausforderung mit Sachkunde und Erfahrung begegnen kann (BGH FamRZ 2018, 54).
c) Mehrere Betreuer
Der BGH (FamRZ 2018, 623 = MDR 2018, 675 = NJW 2018, 1257 = FuR 2018 m. Hinw. Soyka) hat klargestellt, dass bei Bevollmächtigung mehrerer Personen, denen nur eine gemeinschaftliche Vertretung eingeräumt worden ist, diese die Angelegenheiten des Betroffenen nur dann ebenso gut wie ein Betreuer besorgen, wenn davon auszugehen ist, dass sie zu einer gemeinschaftlichen Vertretung in der Lage sind. Dazu bedarf es einer Zusammenarbeit und Abstimmung der Bevollmächtigten und damit jedenfalls eines Mindestmaßes an Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit.
d) Wechsel des Betreuers
Ist im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verlängerung einer bereits bestehenden Betreuung über einen Betreuerwechsel zu befinden, richtet sich die Auswahl der Person des Betreuers nicht nach § 1908b Abs. 3 BGB, sondern nach der für die Neubestellung eines Betreuers maßgeblichen Vorschrift des § 1897 BGB, wonach das Gericht durch eigene Anhörung die Wünsche des Betroffenen unter verständiger Würdigung seiner Interessen und seines Wohls zu klären hat (BGH FamRZ 2018, 850 = ...