1. Wechselmodell
Nach § 1684 Abs. 1 BGB haben die Kinder das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und ist jeder Elternteil zum Umgang mit den Kindern verpflichtet und berechtigt. Eine Vorgabe, in welchem Umfang ein Umgang maximal angeordnet werden darf, enthält das Gesetz nicht.
Das Gericht hat gem. § 1697a BGB die Regelung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl der Kinder am besten entspricht. Im Rahmen einer gerichtlichen Umgangsregelung kann auch eine geteilte Betreuung des Kindes durch beide Eltern durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden und kommt in Betracht, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht und eine ausreichende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit beider Eltern besteht (vgl. BGH FamRZ 2017, 532 und BVerfG FamRZ 2015, 1585).
- Von einer geteilten Betreuung ist nicht nur bei einer exakt gleichen zeitlichen Aufteilung der Betreuungsanteile zwischen den beiden Eltern auszugehen, sondern immer dann, wenn das Kind bei beiden Eltern ein Domizil hat und beide Eltern sich die Versorgungs- und Erziehungsaufgaben etwa hälftig teilen (OLG Frankfurt, FamRB 2019, 102).
- Das OLG Bamberg (FamRZ 2019, 979 = FamRB 2019, 220 m. Hinw. Clausius) erläutert die Grundsätze, die bei der Prüfung, ob ein Wechselmodell in Betracht kommt, zu beachten sind. Heranzuziehen sind die Kriterien des § 1671 BGB: Die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen und Beziehung der Kinder zu den Eltern, die Bindungstoleranz, das Förderungsprinzip, der Grundsatz der Kontinuität sowie der Wille der Kinder. In der Regel setzt das Wechselmodell auch die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraus. Trotz erheblicher Konflikte der Eltern kann jedoch eine hälftig geteilte Betreuung anzuordnen sein, wenn dies im Verhältnis zu anderen Betreuungsalternativen nach Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile dem Wohl der Kinder am besten dient.
- Nach Auffassung des OLG Frankfurt (FamRZ 2019, 976 = FamRB 2019, 102 m. Hinw. Clausius) kann eine sorgerechtliche Entscheidung zur Durchsetzung eines Wechselmodells nur insoweit ergehen, als dem Elternteil, der ein vom anderen Elternteil abgelehntes Wechselmodell befürwortet, das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zwecks Durchsetzung des Wechselmodells übertragen wird. Dies setze jedoch voraus, dass davon ausgegangen werden kann, dass dieser Elternteil sein Aufenthaltsbestimmungsrecht auch entsprechen ausüben wird und der andere Elternteil zur Übernahme einer geteilten Betreuung für den Fall bereit ist, dass die von ihm eigentlich gewünschte überwiegende Betreuung des Kindes durch ihn nicht zustande kommt.
- Mit einer ausführlichen Begründung hat das KG (FamRZ 2019, 363 = FamRB 2019, 15 m. Hinw. Clausius) dargelegt, dass ein von den Eltern seit der Geburt des Kindes kontinuierlich praktiziertes Wechselmodell, das später auch durch eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung festgelegt wurde, nur abgeändert werden kann, wenn hierfür triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe i.S.v. § 1696 Abs. 1 BGB vorliegen. Dies kann gegeben sein, wenn die Einschränkungen, die aus den Schwierigkeiten beider Elternteile resultieren, angemessen miteinander zu kommunizieren, Konflikte konstruktiv auszutragen und Entscheidungen im Interesse des Kindes gemeinsam zu treffen, sehr hoch sind. Letztlich müssen die Vorteile der angestrebten Neuregelung die mit der Abänderung verbundenen Nachteile deutlich überwiegen und zwar unter Einschluss insbesondere auch des Kontinuitätsgrundsatzes.
- Auch das OLG Brandenburg (FamRB 2019, 59 m. Hinw. Bergmann = NJW 2019, 690) hält die Anordnung des Wechselmodells trotz gegenläufiger Anträge zum Aufenthaltsbestimmungsrecht für geboten, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. In solchem Falle ist die Aufhebung der gemeinsamen Sorge abzulehnen und das konsensual praktizierte Wechselmodell gerichtlich festzuschreiben. So wird im Interesse des Kindes sichergestellt, dass kein Elternteil das gewählte paritätische Betreuungsmodell einseitig aufkündigt.
2. Umgangszeiträume
Die Häufigkeit und Dauer des Umgangs richtet sich unter Beachtung des Kindeswohls nach den Umständen des Einzelfalls. Kontakt und persönlicher Bezug sollen nicht abreißen.
Das OLG Celle (FuR 2019, 349 bearb. v. Seiler) weist darauf hin, dass bei einem Kleinkind (hier begleitender Umgang eines fremduntergebrachten Kindes mit der Mutter) ein nur einmaliger monatlicher Umgang zwischen dem Kind und Mutter i.d.R. nicht genügt.
Kleinkinder haben ein anderes Zeitempfinden. Daher werden vermehrte, dafür verkürzte Besuchszeiten dem Sinn und Zweck des Umgangsrechts besser gerecht.
3. Kindesanhörung
Gemäß § 159 FamFG ist in Kindschaftsverfahren grundsätzlich eine Anhörung des betroffenen Kindes geboten. In einem Beschwerdeverfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines Umgangsrechts hat der BGH (FamRZ 2019, 115 m. Anm. Köhler = NJW 2019, 432) die Grenzen dieses Gebotes aufgezeigt. Diese gesetzlichen Kriterien sind gewichtige Gesichtspunkte für da...