Das Bundesfinanzministerium hat am 30.6.2020 den Gesetzentwurf für das Zweite Familienentlastungsgesetz vorgelegt. Die geplanten Maßnahmen sollen in erster Linie Leistungen zugunsten von Familien verbessern und die mit steigenden Preisen verbundenen höheren Existenzminima steuerpflichtiger Personen und ihrer Kinder berücksichtigen. Dazu soll – wie bereits im Koalitionsvertrag vorgesehen – das Kindergeld ab 2021 um 15 EUR pro Kind und Monat erhöht werden. Die steuerlichen Kinderfreibeträge sollen entsprechend angepasst werden.
In einer Stellungnahme zu diesem Entwurf begrüßt der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) die Anhebung des Kindergelds, kritisiert jedoch die Anhebung und Ausgestaltung der steuerlichen Kinderfreibeträge. "Trotz der erheblichen Erhöhung des Kindergelds ist der Gesetzentwurf sozial unausgewogen. Die vermutlich weit über das Existenzminimum hinausgehende Anhebung der Kinderfreibeträge nützt nur Familien mit einem zu versteuernden Einkommen ab 69.000 EUR. Bei Eltern, die Sozialleistungen beziehen, wird die Erhöhung des Kindergelds angerechnet.", bemängelte die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig. "Mit der Anhebung des Freibetrags für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung eines Kindes werden zudem die in unserem Steuer- und Sozialsystem ohnehin angelegten Erwerbshürden für Frauen weiter verstärkt. Angesichts der sozialen und geschlechtsbezogenen Auswirkungen der COVID-19-Krise sind derartige Maßnahmen nicht zu begründen."
Der Gesetzentwurf zeige deutlich, dass die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern nicht angemessen geprüft würden. Der Freibetrag für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung werde seit seiner Einführung im Jahr 2002 als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG kritisiert. In den Ausführungen der Begründung des Gesetzentwurfs zu den Auswirkungen der Maßnahmen für Frauen und Männer finde sich dazu kein Wort.
Nicht zuletzt fehle es in dem Gesetzentwurf, so’die Juristinnen – trotz der Verpflichtung nach § 2’der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung (GGO) – an einer geschlechtergerechten Sprache. Das Bundesverfassungsgericht habe erst kürzlich auf die besondere Bedeutung der Gesetzessprache verwiesen. Die Gesetzgebung müsse daher endlich ihre eigenen Pflichten erfüllen (zum Streit um das generische Maskulinum in der Rechtssprache vgl. auch Anwaltsmagazin ZAP 14/2020, S. 737 f.).
[Quelle: djb]