a) Grundsatz
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (RVGreport 2011, 72 [Hansens] = AGS 2010, 549; BGH RVGreport 2011, 348 [Ders.] = AGS 2011, 305; BGH RVGreport 2020, 186 [Ders.]) bestimmt sich der Gegenstandswert auch im Verfahren der Beschwerde und im Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die PKH grds. nach § 23a Abs. 1 Hs. 1 RVG, sodass in solchen Fällen ebenfalls der Wert der Hauptsache anzunehmen ist (ebenso Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, a.a.O., Anhang VI Rn 418; a.A. AnwaltsKomm-RVG/Fölsch, 8. Aufl., § 23a Rn 11 ohne Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH; nach der Kommentierung in § 23a RVG Rn 7 ist hingegen der Wert der Hauptsache maßgeblich).
b) Ausnahme
Von diesem Grundsatz, wonach sich der Gegenstandswert im Verfahren der PKH auch für das Beschwerdeverfahren nach dem Wert der Hauptsache bemisst, gibt es nach Auffassung des BGH (RVGreport 2020, 186 [Hansens]) jedoch Ausnahmen. In jenem Fall hatte das Prozessgericht der Beklagten auf ihren Antrag in dem Rechtsstreit, in dem es um eine Klageforderung i.H.v. 33.390 EUR ging, PKH für die Rechtsverteidigung im ersten Rechtszug bewilligt und ihr ihren Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Im Hinblick darauf, dass der nicht bedürftige Streitgenosse der Beklagten von demselben Prozessbevollmächtigten vertreten worden war, hat das Prozessgericht die Bewilligung hinsichtlich der Anwaltsgebühren auf die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG beschränkt. Diese Beschränkung hatte die Beklagte vor dem BGH erfolglos angegriffen und der BGH hat den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf bis 3.000 EUR festgesetzt. Dies hat der BGH damit begründet, dass sich der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren lediglich nach dem Kosteninteresse bemisst, weil die anwaltliche Vertretung der bedürftigen Beklagten und deren Prozessführung bereits durch die Zubilligung der Gebührenerhöhung gewährleistet werde. Der gemeinsame Prozessbevollmächtigte beider Beklagten könne seine Vergütung gem. § 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 RVG dann von dem finanziell leistungsfähigen Streitgenossen beanspruchen (s. BGH RVGreport 2020, 35 [Hansens]).
Somit hat der BGH den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht auf den erstinstanzlichen Streitwert der Hauptsache i.H.v. 33.390 EUR festgesetzt, sondern diesen nach dem Kosteninteresse der Beklagten bestimmt. Dieses hat der BGH unter Zugrundelegung der Wahlanwaltsgebühren des § 13 RVG wie folgt ermittelt:
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 33.390 EUR) |
1.219,40 EUR |
2. |
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 33.390 EUR) |
1.125,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.365,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
+ 449,35 EUR |
|
Summe: |
2.814,35 EUR |
Dementsprechend hat der BGH den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf bis 3.000 EUR festgesetzt.