Ob die Rückforderung einer überhöht festgesetzten und ausgezahlten PKH-/VKH-Anwaltsvergütung durch die Landeskasse einer zeitlichen Begrenzung unterliegt und inwieweit Vertrauensschutzgesichtspunkte die Rückforderungsmöglichkeit beschränken, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
a) Nur Verwirkung
Nach einer Auffassung unterliegt das Erinnerungsrecht der Staatskasse keiner zeitlichen Begrenzung, sodass der Rechtsanwalt der Erinnerung lediglich den Einwand der Verwirkung entgegenhalten kann. Dies wird damit begründet, angesichts des Umstands, dass die Erinnerungsbefugnis der Staatskasse unbefristet ist, sei auch eine zeitliche Begrenzung der Rückforderungsmöglichkeit der Staatskasse abzulehnen. Dem Vertrauen des beigeordneten Rechtsanwalts werde durch den Einwand der Verwirkung Rechnung getragen, wobei neben dem Zeitmoment auch das Umstandsmoment vorliegen müsse (so OLG Düsseldorf AGS 2017, 350 = JurBüro 2017, 354; Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 19 Rn 7).
b) Entsprechende Anwendung von § 19 FamGKG/§ 20 GKG
Nach der Gegenauffassung wird unter Verweis auf die Wertung des § 19 Abs. 1 FamGKG/§ 20 Abs. 1 GKG ein Rückforderungsrecht der Landeskasse nach Ablauf des auf die Vergütungsfestsetzung folgenden Kalenderjahrs abgelehnt (s. etwa OLG Brandenburg RVGreport 2010, 218 [Hansens] = AGS 2011, 280; KG RVGreport 2004, 314 [Ders.]; OLG Zweibrücken RVGreport 2006, 423 [Ders.]; OLG Jena Rpfleger 2006, 434; LSG Sachsen-Anhalt RVGreport 2018, 15 [Ders.]; SG Berlin RVGreport 2011, 381 [Ders.]; offen: OLG Celle RVGreport 2015, 248 [Ders.] für die Rückforderung des Vorschusses auf die PKH-Anwaltsvergütung).
Gemäß § 19 Abs. 1 FamGKG/§ 20 Abs. 1 GKG dürfen Kosten wegen eines unrichtigen Ansatzes nur nachgefordert werden, wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahrs nach Absendung der den Rechtszug abschließenden Schlusskostenrechnung mitgeteilt worden ist. Nach § 19 Abs. 2 FamGKG/§ 20 Abs. 2 GKG ist die Nachforderung von Gerichtskosten bis zum Ablauf des nächsten Kalenderjahrs nach Beendigung des Verfahrens möglich, wenn innerhalb der Frist des § 19 Abs. 1 FamGKG/§ 20 Abs. 1 GKG ein Rechtsbehelf in der Hauptsache oder wegen der Kosten eingelegt wurde. Diese Wertung des Gesetzgebers wird auf den Rückzahlungsanspruch der Staatskasse übertragen.