Im Falle einer (teilweisen) Klagerücknahme können folgende erstattungsrechtliche Besonderheiten hinsichtlich der Terminsgebühr und anderer Kostenpositionen auftreten.
a) Terminsgebühr
Hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bei Aufruf der Sache keine Kenntnis von der vorherigen (Teil-)Klagerücknahme, so kann der Beklagte gleichwohl nicht die Terminsgebühr nach dem (unverminderten) Hauptsachewert mit der Begründung erstattet verlangen, er habe ja von der Klagerücknahme keine Kenntnis gehabt. Erstattungsfähig können nämlich nur tatsächlich angefallene Gebühren sein. Nach ganz herrschender Auffassung fällt dem bei Aufruf der Sache anwesenden Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Terminsgebühr nach dem Hauptsachewert schon nicht an, wenn die Klage zuvor zurückgenommen worden ist (s. vorstehend unter 4 a).
Dies schließt natürlich nicht aus, dass die Terminsgebühr nach dem unverminderten Gegenstandswert für eine andere anwaltliche Tätigkeit angefallen ist.
Beispiel:
Die Prozessbevollmächtigten der Parteien führen ein Telefongespräch mit dem Ziel der Erledigung des anhängigen Klageverfahrens. Dieses Gespräch führt dazu, dass der Kläger im Anschluss hieran seine Klage teilweise zurücknimmt.
Beiden Prozessbevollmächtigten ist die Terminsgebühr für Besprechungen nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3, Nr. 3104 VV RVG nach dem unverminderten Wert angefallen. Nimmt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nach teilweiser Klagerücknahme den Verhandlungstermin hinsichtlich der restlichen Klageforderung wahr, so entsteht ihm die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 1. Fall VV RVG für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins zwar nur nach dem verminderten Gegenstandswert. Da er den Gebührentatbestand jedoch vor der Klagerücknahme durch die Besprechung erfüllt hat, kann er gleichwohl die Terminsgebühr nach dem unverminderten Gegenstandswert berechnen, die dann auch gem. § 91 Abs. 2 S. 1 und Abs. 1 ZPO erstattungsfähig ist.
b) Terminsreisekosten
Die notwendigen Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten sind erstattungsfähig, wenn dieser in Unkenntnis der Klagerücknahme zu dem Verhandlungstermin angereist ist (s. etwa BGH RVGreport 2019, 344 [Hansens] = zfs 2019, 524 mit Anm. Hansens = AGS 2019, 433; BGH RVGreport 2018, 179 [Ders.] = zfs 2018, 344 mit Anm. Hansens = AGS 2018, 251). Das OLG Koblenz (RVGreport 2006, 473 [Hansens] = AGS 2007, 105 mit Anm. Schons) hat in dem Fall, in dem der Kläger seine Klagerücknahme am Vortag des Verhandlungstermins per Telefax eingereicht hatte, den Kläger erstattungsrechtlich für verpflichtet angesehen, den Beklagten selbst von der Klagerücknahme zu informieren.
Gebührentipp:
Häufig erfährt der Prozessbevollmächtigte des Klägers erst kurz vor dem angesetzten Verhandlungstermin, dass es aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen besser ist, die Klage vor dem Verhandlungstermin ganz oder teilweise zurückzunehmen. In diesem Fall kann der Kläger nicht damit rechnen, dass die’Geschäftsstelle des Gerichts den Beklagten bzw. seinen Prozessbevollmächtigten von der Klagerücknahme noch rechtzeitig vor dem Termin unterrichten kann. Zum einen kann es schon einen oder gar mehrere Tage dauern, bis ein bei der Posteingangsstelle des Gerichts eingegangener Schriftsatz zur Geschäftsstelle gelangt. Zum anderen liegen die Gerichtsakten dem Richter meist bereits einige Tage vor’dem Verhandlungstermin zur Terminsvorbereitung vor. Dann ist nicht immer gewährleistet, dass die’Geschäftsstelle die eingegangene Klagerücknahme noch rechtzeitig an den Richter weiterleiten kann.
In Kenntnis dieser Umstände empfiehlt es sich dringend, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die’Klagerücknahme dem Gegenanwalt direkt per Telefax übermittelt. Ist der Beklagte anwaltlich nicht vertreten, sollte diese Mitteilung an den Beklagten selbst erfolgen. Reist der auswärtige Beklagte bzw. sein nicht am Gerichtsort kanzleiansässiger Prozessbevollmächtigter zu dem Gerichtstermin trotz Kenntnis von’der Klagerücknahme an, so sind im Regelfall die angefallenen Terminsreisekosten nicht erstattungsfähig. Erfolgt die Anreise hingegen in Unkenntnis der Klagerücknahme, sind die Terminsreisekosten erstattungsfähig.
Bei einer Teil-Klagerücknahme ist natürlich das Erscheinen des Beklagten bzw. seines Prozessbevollmächtigten zu dem Verhandlungstermin notwendig.