1. Anfall der Terminsgebühr
Gerade bei der für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins (s. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG) anfallenden Terminsgebühr sind die Gerichte und auch die Anwälte vielfach noch in den Kategorien der BRAGO verhaftet.
a) Verhandlungs- und Erörterungsgebühr nach der BRAGO
Zu BRAGO-Zeiten entstand die in § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO geregelte volle Verhandlungsgebühr nur für das Stellen der Anträge in der mündlichen Verhandlung. Die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten bis zum Beginn der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache war hingegen noch durch die damalige Prozessgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO abgegolten. Ist vor der Antragstellung die Sach- und Rechtslage in dem Verhandlungstermin erörtert worden, war dem Prozessbevollmächtigten eine Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO angefallen. Hat der Kläger seine Klage teilweise vor dem Stellen der Anträge und auch vor bzw. ohne eine Erörterung der Sach- und Rechtslage zurückgenommen, so hatte dies die gebührenrechtliche Folge, dass die Verhandlungsgebühr nur nach dem restlichen Klagebetrag angefallen war.
b) Terminsgebühr nach dem RVG
Anders ist dies jedoch bei der Terminsgebühr nach dem RVG. Diese entsteht für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins, der mit Aufruf der Sache beginnt (s. BGH RVGreport 2011, 63 [Hansens] = AGS 2010, 527; BVerwG RVGreport 2010, 186 [Ders.] = NJW 2010, 1391). Dabei muss gerade die Sache aufgerufen sein, in der der Rechtsanwalt den Mandanten vertreten will (Hansens, RVGreport 2007, 375, 376). Allerdings ist nicht zwingend erforderlich, dass die Sache förmlich aufgerufen worden ist. Es genügt auch, dass das Gericht mit der Verhandlung konkludent beginnt (BGH a.a.O.). Ferner muss der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Aufrufs der Sache bzw. des Beginns der mündlichen Verhandlung vertretungsbereit anwesend sein (BVerwG a.a.O.; Hansens, RVGreport 2007, 375, 376).
2. Gegenstandswert
Für die Berechnung der Terminsgebühr ist der zum Zeitpunkt des Aufrufs der Sache und der anwaltlichen Anwesenheit maßgebliche Gegenstandswert zu berücksichtigen. Dies hat zur Folge, dass eine nach Aufruf der Sache erfolgte (Teil-)Klagerücknahme nicht zum Wegfall der Terminsgebühr oder auch nur zu deren Berechnung nach einem geringeren Gegenstandswert führen kann. Die nach Anfall der Terminsgebühr erfolgte (Teil-)Klagerücknahme hat nämlich gem. § 15 Abs. 4 RVG weder den völligen noch auch nur den teilweisen Wegfall der bereits entstandenen Terminsgebühr zur Folge (s. KG RVGreport 2006, 149 [Hansens]; OLG Frankfurt RVGreport 2020, 225 [Ders.]).
3. Kenntnis von der (Teil-)Klagerücknahme
In der Praxis stellt sich vielfach die Frage, ob es für den Anfall der Terminsgebühr darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Kenntnis von der (Teil-)Klagerücknahme hat.
Beispiel (nach OLG Frankfurt RVGreport 2020, 225):
Die Klägerin hatte vor dem LG Limburg Klage mit zwei Klageanträgen erhoben. Vor dem auf den 14.11.2018 angesetzten Verhandlungstermin hat die Klägerin angekündigt, den Klageantrag zu 2. nicht stellen zu wollen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.11.2018 hat die Klägerin dann nach Aufruf der Sache und nach Erörterung des Sach- und Streitstands den Klageantrag zu 2. zurückgenommen. Durch Beschl. v. 20.3.2019 hat das LG den Streitwert für den Klageantrag zu 1. auf 73.000 EUR, für den Klageantrag zu 2. auf 58.400 EUR und den Streitwert insgesamt auf 131.400 EUR festgesetzt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die obsiegende Beklagte u.a. die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr nach einem Gegenstandswert von 131.400 EUR beantragt. Diesem Antrag hat der Rechtspfleger des LG’Limburg entsprochen. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde mit dem Vorbringen eingelegt, die Terminsgebühr sei wegen der Teil-Klagerücknahme nur nach dem den Klageantrag zu 1. betreffenden Gegenstandswert von 73.000 EUR angefallen.
Im Beispielsfall hatte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten von der Teil-Klagerücknahme erst im Termin zur mündlichen Verhandlung, also nach Aufruf der Sache, Kenntnis und somit zu einem Zeitpunkt, als ihr und übrigens auch dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die 1,2 Terminsgebühr nach dem unverminderten Gegenstandswert von 131.400 EUR angefallen war. Die vorherige Ankündigung der Klägerin, im Termin zur mündlichen Verhandlung den Klageantrag zu 2. nicht stellen zu wollen, stellt keine Klagerücknahme dar. Ihr ist noch nicht einmal zu entnehmen, dass die Klägerin eine Teil-Klagerücknahme ankündigen wollte. Denn die Ankündigung, im Termin insoweit keinen Antrag stellen zu wollen, beseitigt nicht die Anhängigkeit der Klage. Hätte die Klägerin entsprechend ihrer Ankündigung im Termin zur mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Klageantrags zu 2. keinen Antrag gestellt, so hätte die Beklagte insoweit den Erlass eines Teil-Versäumnisurteils erwirken können. Hiergegen hätte die Klägerin wiederum Einspruch einlegen können.
Folgerichtig hat das OLG Frankfurt (a.a.O.) die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.
4. Einfluss der Kenntnis oder Unkenntnis von der (Teil-)Klagerücknahme
Es gibt jedoch Fallgestaltungen, in denen dem Beklagten und/oder dem Gericht zu dem Zeitpun...