§ 4 Abs. 1 RBStV sieht einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus sozialen Gründen vor. Voraussetzung hierfür ist, dass der Beitragsschuldner eine in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 und Nr. 10 Alt. 2 RBStV genannte Sozialleistung bezieht oder zu dem von § 4 Abs. 1 Nr. 9 und 10 Alt. 1 RBStV erfassten Personenkreis gehört und dieses gem. § 4 Abs. 7 S. 2 RBStV durch eine entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers oder durch einen entsprechenden Bescheid nachweisen kann. Die Landesgesetzgeber haben sich mit der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 RBStV für das normative Regelungssystem der sog. bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entschieden. So sind Ermäßigungen für schwerbehinderte Menschen vom Rundfunkbeitrag vorgesehen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 RBStV). Die Landesgesetzgeber haben auch weiterhin die Empfänger von Sozialleistungen unter weitestgehend gleichen Voraussetzungen von der Abgabenpflicht befreit (vgl. BVerwGE 161, 224 Rn 9).
Die in § 4 Abs. 1 RBStV aufgeführten Tatbestände sind nach dem Urteil des BVerwG vom 30.10.2019 (6’C’10.18, K&R 2020, 161 ff.) aufgrund des Normzwecks als abschließend anzusehen. Das System der bescheidgebundenen Befreiung beruhe auf dem Grundprinzip, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung zuzugestehen sei, dessen Bedürftigkeit am Maßstab der bundesgesetzlichen Regelungen durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und in deren Bescheid bestätigt werde oder dem vom Staat bestätigt worden sei, dass er die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung erfülle. Mit diesem System würden schwierige Berechnungen zur Feststellung der Bedürftigkeit aufseiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vermieden, indem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die bundesgesetzgeberischen Wertungen für den Bezug von Sozialleistungen angeknüpft und diese zur Grundlage der Reichweite einer Befreiung von der Rundfunkgebühr bzw. geltenden Beitragspflicht gemacht würden.
Hinweis:
Einkommensschwache Personen, die keine der in § 4 Abs. 1 RBStV aufgeführten Sozialleistungen erhalten, sind nicht in entsprechender Anwendung dieser Norm von der Rundfunkbeitragspflicht zu’befreien.
Allerdings zeigt das BVerwG unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung einen helfenden Weg über die Regelung des § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV auf. Bei ihr handele es sich nach dem Normzweck um eine Härtefallregelung, mit der grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten vermieden werden sollten, die durch das in § 4 Abs. 1 RBStV verankerte normative Regelungssystem der bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entstünden. Die Vorschrift eröffne die Möglichkeit, nicht zu den Personengruppen des § 4 Abs. 1 RBStV gehörende Beitragsschuldner von der Beitragspflicht zu befreien, wenn sich ihre Schlechterstellung gegenüber den befreiten Personengruppen nicht sachlich rechtfertigen lasse.
Hinweis:
Ein besonderer Härtefall gem. § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV liegt vor, wenn das monatlich für den Lebensbedarf zur’Verfügung stehende Einkommen von Beitragsschuldnern, die keine Leistungen i.S.v. § 4 Abs. 1 RBStV erhalten und über kein verwertbares Vermögen verfügen, nach Abzug der Wohnkosten unterhalb des für den Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt maßgebenden Regelsatzes liegt (insoweit unter Aufgabe der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 3 RGebStV: BVerwG Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 62).