In der journalistischen Praxis kann es etwa bei oder im Nachgang von Razzien von Interesse sein, Informationen über die Zielrichtung und das Ergebnis solcher Vorgänge zu erlangen. Hierzu dient den Journalisten der presserechtliche Auskunftsanspruch. Dieser kann allerdings seine Begrenzung finden in Rechtsbereichen wie dem Steuerrecht, in denen die Geheimhaltung gegenüber der öffentlichen Wahrnehmung im Grundsatz Vorrang haben kann.
Ausgangspunkt ist dabei die in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verbürgte Pressefreiheit, die der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dient (BVerfGE 101, 361, 389). Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG enthält nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern garantiert nach seinem objektiv-rechtlichen Gehalt auch die institutionelle Eigenständigkeit der Presse (vgl. BVerfGE 80, 124, 133; BVerwGE 146, 56 Rn 27). Neben der Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen schützt die Pressefreiheit auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insb. die Beschaffung von Informationen gehört. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie eröffnete Rolle bei der demokratischen Meinungs- und Willensbildung wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfG AfP 2000, 559, 260; BVerfGE 103, 44, 59 und NJW 2015, 3708 Rn 16). Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, die’Rechtsordnung in einer Weise auszugestalten, die der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse gerecht wird und ihr eine funktionsgemäße Betätigung erlaubt. Dazu gehört auch die Schaffung behördlicher Auskunftspflichten, die es der Presse ermöglichen oder erleichtern, umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse im staatlichen Bereich zu erhalten und dadurch in die Lage versetzt zu werden, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten. Auf diese Weise können die Bürgerinnen und Bürger zutreffende und umfassende Informationen über tatsächliche Vorgänge und Verhältnisse, Missstände, Meinungen und Gefahren erhalten, die ihnen sonst verborgen bleiben würden, aber Bedeutung für eine abgewogene Beurteilung der für die Meinungsbildung essenziellen Fragen haben könnten. Erst diese für eine möglichst unverfälschte Erkenntnis notwendige Übersicht über Tatsachen und Meinungen, Absichten und Erklärungen ermöglicht eine eigene Willensbildung und damit die Teilnahme am demokratischen Entscheidungsprozess überhaupt (vgl. BVerfG NVwZ 2016, 50 Rn 14; BGH DVBl. 2005, 980 f. m.w.N.; BVerwG NVwZ 2019, 1283 Rn 22 m.w.N.).
Allerdings steht dem Gesetzgeber bei der Normierung presserechtlicher Auskunftsregeln ein weiter Ausgestaltungsspielraum hinsichtlich der Gewichtung und des Austarierens der widerstreitenden Interessen bei der Formulierung von Versagungsgründen zu. Dabei ist er grds. nicht gehindert, auf der Grundlage typisierender bzw. pauschalierender Interessengewichtungen und -abwägungen bestimmte behördliche Funktionsbereiche von der Pflicht zur Auskunftserteilung ganz auszunehmen; entscheidend ist, dass die Auskunftsregeln insgesamt hinreichend effektiv sind, d.h. der Presse im praktischen Gesamtergebnis eine funktionsgemäße Betätigung sichern (vgl. BVerwGE 146, 56 Rn 27 und NVwZ 2019, 1283 Rn 23 m.w.N.). Die dem Auskunftsanspruch entgegenstehenden Ausschlussgründe müssen einen punktuellen Zuschnitt aufweisen, mit dem konkret umrissenen gegenläufigen Schutzgütern Rechnung getragen wird, und zwar beschränkt auf das Maß, in dem bei materieller Betrachtung tatsächlich ein Schutzbedarf erkennbar ist. Ungeachtet seiner rechtlichen Verortung darf ein genereller, abwägungsfester Vorrang eines privaten oder öffentlichen Vertraulichkeitsinteresses vor dem Informationsinteresse der Presse nur dann normiert werden, wenn dies demjenigen Abwägungsergebnis entspricht, das in aller Regel in Einzelfällen tatsächlich erzielt würde (vgl. BVerwGE 151, 348 Rn 31 m.w.N. und NVwZ’2019, 473 Rn 18).
Nach dem Urteil des BVerwG vom 29.8.2019 (7 C 33.17, HFR 2020, 84 ff. = NWVBl 2020, 112 ff.) sind diese Grundsätze auf die bundesrechtliche Regelung des § 30 AO, die nicht in einem speziell presserechtlichen Kontext erlassen worden ist, sondern die Grenzen des Zugangs zu steuerlichen Daten allgemein bestimmt, in Ansehung presserechtlicher Auskunftsansprüche entsprechend anzuwenden. Die Pressefreiheit könne i.R.v. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ausreichend berücksichtigt werden. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Vermittlungs- und Kontrollauftrag der Presse gebiete nicht, den Begriff des unbefugten Offenbarens i.S.v. § 30 Abs. 2 AO weit auszulegen und dort eine normativ nicht vorgeprägte Einzelfallabwägung zu verorten.
Hinweis:
§ 30 AO räumt dem Steuergeheimnis keinen generellen, unüberwindbaren Vorrang ein, sondern lässt im’zwingenden öffentlichen Interesse Ausnahmen vom Verbot der Offenbarung zu. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO’ermöglicht so eine im Einzelfall verhältnismäßige Anwendung. Die darin enthaltene Au...