1. Zum Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs
Bei einem Bauvorhaben und seiner Zulässigkeit kommt es nicht selten darauf an, ob das Bauvorhaben dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen ist. Ist Letzteres der Fall, kann das Bauvorhaben mit der Begründung abgelehnt werden, die Errichtung des Gebäudes lasse die Erweiterung einer Splittersiedlung nach § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB befürchten.
Einige Oberverwaltungsgerichte nehmen allerdings als "Faustformel" an, dass eine unbebaute Fläche von zwei bis drei Bauplätzen als Baulücke angesehen werden könne, die den Bebauungszusammenhang nicht unterbreche (insb. VGH Mannheim BRS 66 Nr. 96 und BauR 2007, 1378, 1380 sowie NVwZ-RR 2011, 393 f.; ebenso OVG Greifswald, Beschl. v. 28.12.2004 – 3 M 208/04, juris Rn 20; OVG Koblenz ZfBR 2019, 476 f. und Urt. v. 15.7.2019 – 8 C 10121/19, juris Rn 42; OVG Magdeburg NVwZ-RR 2010, 465 f.; ablehnend OVG Münster, Beschl. v. 12.6.2006 – 7 A 141/06, juris Rn 9; VGH Mannheim NVwZ-RR 2014, 931 Rn 33 – für drei bis vier Bauplätze).
Dagegen hat das BVerwG in seinem Beschl. v. 30.8.2019 (4 B 8.19, ZfBR 2019, 796 ff. = BauR 2019, 1887 ff. = BBB 2020, Nr. 4–5, 53) nichts eingewendet. Denn es entspreche einer aus der Erfahrung abzuleitenden Faustformel, dass die wachsende Größe einer unbebauten Fläche als Indiz gegen einen Bebauungszusammenhang spreche. Sie bezeichne einen gedanklichen Ausgangspunkt für den Tatrichter, der von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht entbinde (Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Stand August 2018, § 34 Rn 9).
Hinweis:
Zu den Begriffen der Erweiterung und Verfestigung einer Splittersiedlung gilt: Eine Splittersiedlung wird’erweitert, wenn sie räumlich ausgedehnt wird. Die Verfestigung einer Splittersiedlung meint die Auffüllung eines schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereichs (BVerwGE 54, 73, 76 f. und’BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 386 Rn 21 sowie UPR 2015, 312 Rn 8).
2. Hinterliegerbebauung im unbeplanten Innenbereich
Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich auch nach der "Grundstücksfläche, die überbaut werden soll", in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Es kommt insoweit auf die konkrete Größe der Grundfläche des in Frage stehenden Vorhabens und auch auf seine räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung, also auf den Standort des Vorhabens an (vgl. BVerwG Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 107 S. 55, ZfBR 2009, 693, BRS 84 Nr. 74, 2016). Ob eine rückwärtige Bebauung eines Grundstücks zulässig ist, hängt nach dem Beschluss des BVerwG vom 12.8.2019 (4 B 1.19, BBB 2019, Nr. 11, 52 f. = BauR 2019, 1889) im Wesentlichen davon ab, in welchem Umfang die den Maßstab bildenden umliegenden Grundstücke eine rückwärtige Bebauung aufweisen. Zur näheren Konkretisierung könne insofern auf die Begriffsbestimmungen in § 23 BauNVO zur "überbaubaren Grundstücksfläche", die wiederum gem. § 23 Abs. 4 BauNVO auch durch Festsetzung der Bautiefe bestimmt werden könne, zurückgegriffen werden.
Hinweis:
Nach § 23 Abs. 4 S. 2 BauNVO ist die Bebauungstiefe von der tatsächlichen Straßengrenze aus zu ermitteln. "Tatsächliche Straßengrenze" ist die Grenze der als Erschließungsanlage gewählten öffentlichen Straße (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 27.5.2014 – 2 A 2/14, juris Rn 42; s.a. Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl. 2019, § 23 Rn 17 "öffentliche Verkehrsfläche").
Ein Privatweg oder eine private Grundstückszufahrt zu einer solchen "Erschließungsstraße" (auch wenn diese Zuwegung ggf. ausreichend ist, um die von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB geforderte Erschließung zu sichern) reicht nach dem höchstrichterlichen Beschluss nicht aus. Andernfalls hätte es ein Bauherr in der’Hand, allein durch die Trassierung einer inneren Erschließung eines Grundstücks das städtebauliche’Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche zu bestimmen (vgl. auch VGH München, Beschl. v.’6.11.2000 – 2 CS 09.2222, juris Rn 7).
3. Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben in einem Sondergebiet
Bei der Erstellung von Bebauungsplänen stellt sich die Frage, inwieweit in Sondergebieten eine Beschränkung zulässiger Vorhaben wirksam ist. Rechtsgrundlage für Festsetzungen ist § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 BauNVO. Danach sind als sonstige Sondergebiete solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden; die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung sind darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen gem. § 11 Abs. 2 S. 2 BauNVO etwa auch Gebiete für Einkaufszentren in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist es den Gemeinden erlaubt, in einem Bebauungsplan, in dem sie Sondergebiete für die in § 11 Abs. 2 S. 2 BauNVO ebenfalls genannten großflächigen Einzelhandelsbetriebe ausweisen, nach Quadratmetergrenzen bestimmte Regelungen über die höchstzulässige Verkaufsfläche zu treffen (BVerwG Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 17, BVerwGE 131, 86 Rn 16). Solche Regelungen sind Vorschriften über die Art der baulichen Nutzung.
Nach dem Urteil des BVerwG vom 17.10.2019 (4 CN 8.18, BayVBl 2020, 58 ff. = BauR 2020, 215 ff. = ZfBR...