Die Regelung in Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG, wonach der Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr ungeachtet einer Vertretung nach außen nur für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags erhält, ist unbefriedigend. Dies zeigt sich gerade an dem vom IX. Zivilsenat des BGH in seinen Urteilen vom 22.2.2018 (a.a.O.) und 15.4.2021 (a.a.O.) entschiedenen Fällen, in denen es um die Vergütung für den auftragsgemäßen Entwurf von Testamenten ging. Hinsichtlich des Arbeitsaufwands des Anwalts und seiner Verantwortung gibt es nämlich praktisch keine Unterschiede, ob er ein (gemeinschaftliches) Testament entwirft und hierfür bei Verbrauchern gem. § 34 Abs. 1 S. 3 RVG nur höchstens 190 EUR bzw. 250 EUR erhält oder ob er einen Erbvertrag entwirft und dafür eine Geschäftsgebühr nach dem maßgeblichen Gegenstandswert berechnen kann, was zu einer viel höheren Vergütung führt.

Die gesetzliche Regelung führt auch in anderen Zusammenhängen zu Ungereimtheiten. Wenn der Rechtsanwalt lediglich mit der Überprüfung eines anderweitig geschlossenen oder entworfenen Vertrags beauftragt wird, fällt ihm die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an, weil er dann bei der Gestaltung eines Vertrags mitwirkt (s. BGH RVGreport 2015, 295 [Hansens]). Gleiches gilt für die Überprüfung eines notariellen Vertragsentwurfs (LG Nürnberg-Fürth RVGreport 2015, 306 [ders.] = AGS 2015, 320 mit Anm. Schons).

Den Rechtsanwalt in solchen Fällen auf die Vergütung für Beratung nach § 34 RVG zu verweisen, wird der Arbeit des Rechtsanwalts und seiner Verantwortung nicht gerecht. Es kommt in dem Fall des BGH v. 22.2.2018 noch hinzu, dass die Auftraggeber die Rechtsanwaltssozietät gar nicht um Beratung gebeten hatten, sondern von vornherein mit der Fertigung von Testamentsentwürfen. Die in § 34 RVG bestimmte Gebühr fällt jedoch nur für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder für eine Auskunft an, von Testamentsentwürfen ist dort keine Rede. Folgerichtig hat der I. Zivilsenat des BGH (RVGreport 2010, 456 [Hansens] = AnwBl. 2010, 879) zur Fertigung einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ausgeführt, eine Beratung im Sinne dieser Vorschrift liege vor, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts in einem Informationsaustausch mit dem Auftraggeber erschöpfe. Dagegen entstehe die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung nach Nr. 2300 VV RVG, wenn der Auftrag darauf gerichtet ist, dass der Rechtsanwalt nach außen tätig wird. Auch wenn der Anwalt bei dem Entwerfen von Testamenten im Regelfall nicht nach außen hin tätig wird, es sei denn, er soll den Entwurf auch mit Dritten abstimmen, erschöpft sich seine Tätigkeit eben nicht in der Beratung des Mandanten. Soll der Anwalt einen Erbvertrag entwerfen, wird er eindeutig bei der Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags i.S.v. Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG tätig und verdient dafür die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Warum dies anders sein soll, wenn der Anwalt „nur” ein gemeinschaftliches Testament entwirft, ist nicht einzusehen.

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