a) Geltungsbereich

§ 93b ZPO findet nur bei der Wohnraummiete Anwendung. Sofern in einer Klage auch Räumungsansprüche von Gewerberaum mit verbunden werden, finden §§ 93b ZPO und §§ 91, 92 ZPO nebeneinander Anwendung. Bei einem Mischmietverhältnis kommt es nach allgemeinen Grundsätzen darauf an, welche Nutzungsart überwiegt, sodass jeweils einheitlich von Wohnraum- oder Geschäftsraummiete auszugehen ist (sog. Übergewichttheorie, BGH, Urt. v. 9.7.2014 – VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Rn 26).

b) Allgemeine Voraussetzungen

Voraussetzung ist, dass der Vermieter gegen einen Mieter auf Räumung (§ 93b Abs. 1 S. 1 ZPO) oder der Mieter als Kläger gegen seinen Vermieter auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574 ff. BGB (§ 93b Abs. 1 S. 2 ZPO) klagt. In beiden Fällen muss der Mieter vorprozessual unter Angabe von Gründen die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt haben, wobei für die einzuhaltende Form und Frist § 574b BGBâEUR™zu beachten ist. In der Praxis wird dieses Verlangen des Mieters, das rechtlich als Willenserklärung i.S.v.âEUR™§ 130 BGB einzuordnen ist, regelmäßig mit dem Sozialwiderspruch nach § 574 Abs. 1 S. 1 BGB zusammenfallen (BeckOK-ZPO/Jaspersen, a.a.O., § 93b ZPO Rn 7). Es kann erst dann von einem Fehlen von "Angaben von Gründen" in diesem Sinne ausgegangen werden, wenn der Mieter gar keine Gründe vorbringt oder die behaupteten Gründe offensichtlich abwegig oder unsinnig erscheinen (vgl. Müko-ZPO/Schulz, a.a.O., § 93b ZPO Rn 7 "hinreichende substantiierte Tatsachen"). Umfasst sind dabei auch Klagen auf künftige Räumung nach § 259 ZPO, Widerklagen oder verbundene Klage bzgl. ausstehender Miete (Müko-ZPO/Schulz, a.a.O., § 93b ZPO Rn 4).

c) Obsiegen des Vermieters

Der Vermieter muss im Rechtsstreit obsiegen, wobei allein ursächlich sein muss, dass das Fortsetzungsverlangen des Mieters wegen berechtigter Interessen des Vermieters nicht gerechtfertigt ist (Müko-ZPO/Schulz, a.a.O., § 93b ZPO Rn 8). Das Fortsetzungsverlangen darf also nicht bereits aus anderen rechtlichen Gründen scheitern, wie etwa bei Formmängeln oder einem verfristet erklärten Widerspruch des Mieters (§§ 574b Abs. 1, Abs. 2 BGB). Gleiches gilt, sofern der Mieter das Mietverhältnis selbst gekündigt hat oder der Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt ist, da in letzterem Fall kein Sozialwiderspruch möglich ist (vgl. § 574 Abs. 1 S. 2 BGB). Das Obsiegen des Vermieters muss mittels Urteils ausgesprochen werden, wobei grds. auch Anerkenntnis-, Verzichts- und Versäumnisurteile in Betracht kommen. Eine Ausnahme gilt nur für ein Versäumnisurteil des Mieters in dessen Aktivprozess gegen den Vermieter, da die Klageabweisung hier allein in der Säumnis des Mieters begründet liegt (BeckOK-ZPO/Jaspersen, a.a.O., § 93b ZPO Rn 8). Bei einem Prozessvergleich findet § 93b ZPO keine Anwendung, da für die Kostentragung allein die Parteiabrede maßgeblich ist, § 98 ZPO. Sofern eine übereinstimmende Erledigungserklärung vorliegt, kann in der nach § 91a ZPO zu erlassenden Kostenentscheidung der Rechtsgedanke des § 93b Abs. 1 ZPO Berücksichtigung finden (Müko-ZPO/Schulz, a.a.O., § 93b ZPO Rn 6). Bei § 93b Abs. 1 S. 1 ZPO ist zusätzlich erforderlich, dass die relevanten Interessen des Vermieters erst nach Ausspruch der Kündigung entstanden sind (§ 574 Abs. 3 BGB).

d) Kostentragung nach billigem Ermessen

Ob das Gericht die Kosten des Rechtsstreits ganz oder teilweise dem obsiegenden Vermieter auferlegt, steht in seinem (billigen) Ermessen. Relevante Gesichtspunkte für die vorzunehmende Ermessensentscheidung können insb. Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Mieters sein, soweit diese für den Vermieter offensichtlich waren. Daneben ist die Voraussehbarkeit der nachträglich entstandenen Gründe für den Mieter (z.B. Kenntnis des Mieters von Schwangerschaft der Vermieterin und Entbindung nach Ausspruch der Kündigung) von Bedeutung für die Entscheidung zur Kostentragung (BeckOK-ZPO/Jaspersen, a.a.O., § 93b ZPO Rn 10.3 u. 10.4).

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