1. Initiativrecht des Personalrats
Die Beteiligung des Personalrats an Maßnahmen der Dienststelle erfolgt regelmäßig aufgrund der gesetzlichen Vorschriften, die eine solche für die jeweilige Maßnahme vorsehen. Gleichwohl ist der Personalrat befugt, aufgrund eigener Initiative seine Beteiligung einzufordern. Die Voraussetzungen des Initiativrechts sind in der Rechtsprechung des BVerwG geklärt (vgl. Buchholz 251.9 § 75 SaarPersVG Nr. 1 Rn 12 f.). Das als Initiativrecht bezeichnete Antragsrecht erlaubt dem Personalrat, das von ihm jeweils in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht in aktiver Form wahrzunehmen. Es eröffnet ihm die Möglichkeit, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich einer Maßnahme, die er für geboten hält, von sich aus einzuleiten, um in diesem Verfahren seinen Rechten in der Sache Geltung zu verschaffen. Demzufolge räumt das Initiativrecht dem Personalrat hinsichtlich der Einleitung derjenigen Maßnahmen, auf die es sich erstreckt, den gleichen Rang ein wie dem Leiter der Dienststelle. Es verwirklicht damit den das Personalvertretungsrecht insgesamt beherrschenden Grundsatz der gleichberechtigten Partnerschaft zwischen Dienststelle und Personalrat.
Hinweis:
Das Initiativrecht erweitert den Inhalt des jeweiligen Mitbestimmungsrechts aber nicht. Es verschafft demâEUR™Personalrat also nicht mehr Befugnisse als ihm von dem in Anspruch genommenen gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand für den Fall verliehen sind, dass er vom Leiter der Dienststelle um Zustimmung zu der jeweiligen mitbestimmungspflichtigen Maßnahme gebeten wird.
Das BVerwG stellt in seinem Beschl. v. 24.11.2021 (5 P 5.20) heraus, dass von einem Nicht-Entsprechen eines Initiativantrags durch die Dienststellenleitung auszugehen sei, wenn die Dienststellenleitung dem Antrag nicht stattgebe, ihm nicht nachkomme oder nicht erkläre, dass antragsgemäß verfahren werde. Eine ausdrückliche Ablehnung sei nicht erforderlich.
Hinweis:
Der Dienststellenleitung soll eine ausreichende Frist zur Prüfung und Entscheidung eines Initiativantrags eingeräumt werden, die je nach Komplexität und Notwendigkeit umfassender Sachverhaltsklärungen und Abstimmung im Einzelfall auch mehr als die regelhaft vorgesehenen sechs Wochen betragen kann. In dem daraufhin zu erteilenden Sachstandshinweis sollen nicht nur die Gründe für die längere Prüfungsdauer mitgeteilt werden, sondern es ist auch der "voraussichtliche Zeitpunkt der Entscheidung über den Initiativantrag" zu nennen (BT-Drucks 19/26820 S. 118).
Das BVerwG fordert, dass der Sachstandshinweis der Entscheidung über den Initiativantrag und damit einem etwaigen Nicht-Entsprechen zeitlich vorausgehen müsse. Die Dienststellenleitung müsse also deutlich machen, dass sie über den Initiativantrag noch nicht abschließend entscheiden könne und wolle, sondern sich noch im Meinungsbildungsprozess befinde. Habe die Dienststellenleitung einmal über den Initiativantrag entschieden, könne sie nicht durch ein nachfolgendes Überdenken und eine sich anschließende Prüfung das Verfahren gewissermaßen in den vorigen Stand zurückversetzen und wieder an sich ziehen.
2. Maßnahme bei einem eigenständigen Jobcenter
Das BVerwG hat sich mit der Frage befasst, ob die Umsetzung einer Weisung der hierarchisch übergeordneten Bundesagentur für Arbeit durch die Dienststellenleitung eines Jobcenters "immer" als Maßnahme der Dienststellenleitung gem. § 69 BPersVG gewertet werden müsse. Es hat sie durch seinen Beschl. v. 26.7.2021 (5 PB 11.20, PersV 2022, 29 ff.; ZfPR online 2021, Nr. 10, 2-4) verneint. Sie sei vielmehr differenziert zu beantworten.
Unter einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist nach seiner ständigen Rechtsprechung jede auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielende Handlung oder Entscheidung der Dienststellenleitung zu verstehen, die den Rechtsstand der Beschäftigten berührt und durch deren Durchführung das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren (vgl. etwa Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 127 Rn 10 und 5 PB 22.19 PersV 2021, 29 Rn 7, jeweils m.w.N.). Kennzeichnend für eine Maßnahme i.S.d. Personalvertretungsrechts ist also die unmittelbare Gestaltungswirkung in Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen. Lediglich der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlungen der Dienststelle, sind keine Maßnahmen, wenn sie nicht bereits die beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder unmittelbar festlegen Ebenso wenig erfüllt ein bloßes Unterlassen der Dienststellenleitung die Kriterien einer Maßnahme, weil und soweit dadurch die dienst- oder arbeitsrechtliche Stellung von Beschäftigten nicht berührt wird, es vielmehr bei dem bestehenden Zustand verbleibt (st. Rspr., vgl. etwa Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 127 Rn 10 m.w.N.).
Das BVerwG hebt hervor, dass, wenn die Weisung einer übergeordneten Dienststelle in einem hierarchisch gegliederten Verwaltungsaufbau die Entscheidungszuständigkeit des Leiters einer nachgeordneten Dienststelle und damit auch die Beteiligungsbefugnis der bei ihr gebildeten Personalvertretung nicht aufhebe, solange nicht die ...