1. Bekanntmachung der Genehmigung oder des Beschlusses des Bebauungsplans
In der Praxis kann ein baurechtlicher Konfliktpunkt sein, dass sich die Einwohner eines Gemeindegebiets über den Inhalt eines Bebauungsplans nicht hinreichend informiert fühlen. Nach § 10 Abs. 3 S. 1 BauGB wird die ortsübliche Bekanntmachung des Beschlusses des Bebauungsplans gefordert. Das Baugesetzbuch bestimmt allerdings nicht, welche Art der Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 S. 1 BauGB ortsüblich ist, sondern überlässt die Regelung dem Landes- oder Ortsrecht (BVerwGE 55, 369, 374 und Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 180 Rn 15).
Hinweis:
Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gebietet, dass förmlich gesetzte Rechtsnormen verkündet werden. Die Verkündung ist ein integrierender Teil der förmlichen Rechtsetzung und damit Geltungsbedingung. Verkündung bedeutet regelmäßig, dass die Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Diese Möglichkeit darf nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein. Konkrete weitere Gebote für die Ausgestaltung des Verkündungsvorgangs im Einzelnen ergeben sich aus dem Rechtsstaatsprinzip nicht (BVerfGE 65, 283, 291, BVerwGE 147, 100 Rn 20 und Buchholz 406.26 § 7 FluglärmG Nr. 1 Rn 54).
Das BVerwG misst in seinem Urt. v. 14.12.2022 (4 CN 1/22, NVwZ 2023, 667 ff. = BauR 2023, 882 ff. = DVBl 2023, 594 ff. = UPR 2023, 224 ff.) die Bekanntmachung eines Bebauungsplans zugleich und insb. an § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Alt. 3 BauGB. Danach ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit einer Satzung nach dem Baugesetzbuch beachtlich, wenn der mit der Bekanntmachung der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist. Es interpretiert die Regelung dahin, dass in dem vom Gesetzgeber verlangten Hinweiszweck eine bundesrechtliche Anforderung zu sehen sei, welche durch die für das Baugesetzbuch typische Ersatzverkündung Rechnung getragen werde.
Hinweis:
Das BVerwG sieht es als dem Hinweiszweck genügend an, wenn die im Internet erfolgte Bekanntmachung geeignet ist, den Bebauungsplan und seinen Geltungsbereich zu identifizieren. Wird auf denâEUR™OrtâEUR™der Einsichtnahme hingewiesen, wird damit sichergestellt, dass die Normbetroffenen zum Bebauungsplan geführt werden.
2. Anforderungen bei gemeindlicher Bauplatzvergabe
Weist eine Kommune Bauland aus und gibt sie den Einwohnern die Möglichkeit, sich um ein Grundstück zu bewerben, muss dies nach einem transparenten Verfahren erfolgen. Der VGH Baden-Württemberg hat hierzu in seinem Beschl. v. 19.7.2022 (1 S 1121/22, ZfBR 2022, 715 ff. = NVwZ-RR 2022, 804 ff. = DVBl 2022, 1343 ff.) herausgestellt, dass der in Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnde sog. Vergabeverfahrensanspruch den Bewerbern einen Anspruch auf eine ermessens-, insb. materiell gleichheitsrechtsfehlerfreie Vergabeentscheidung vermittelt. Jeder Mitbewerber müsse aufgrund seines Anspruchs auf Gleichbehandlung eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für die spezifische Vergabe wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden (vgl. zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen BVerfGE 116, 135, m.w.N.). Das setze voraus, dass der die Vergabeentscheidung treffende Hoheitsträger etwaige ermessenslenkende Richtlinien im Hinblick auf die Vergabekriterien so klar und eindeutig formuliere, dass jeder verständige Bewerber sie gleichermaßen verstehen, seine Chancen abschätzen und insb. erkennen könne, welche Unterlagen er einreichen und Angaben er machen müsse, um im Vergabeverfahren zugelassen und inhaltlich berücksichtigt zu werden.
Ohne eine in diesem Sinne transparente, d.h. hinreichend bestimmte Ausgestaltung und Formulierung der Vergaberichtlinien sei es i.d.R. nicht möglich, die gebotene Chancengleichheit zu gewährleisten und fehle es daher an einer verfahrensmäßigen Grundlage, auf der eine gleichheitskonforme Auswahl getroffen werden könne (vgl. zu diesem sog. Transparenzgebot speziell in kommunalrechtlichen Bauplatzvergabeverfahren VG Sigmaringen, Beschl. v. 3.3.2022 – 14 K 4018/21, juris, und v. 21.12.2020 – 7 K 3840/20, juris; VG Weimar, Beschl. v. 30.7.2018 – 8 E 841/16 We ["allgemeiner Grundsatz des öffentlichen Vergabewesens"]; zu strukturierten Bieterverfahren zur Veräußerung von Vermögensgegenständen durch die öffentliche Hand OLG Brandenburg, Urt. v. 24.4.2012 – 6 W 149/11, ZfBR 2012, 508; LG Stuttgart, Urt. v. 24.3.2011 – 17 O 115/11, juris; zum Vergaberecht i.e.S. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.11.2017 – VII-Verg 16/17, NZBau 2018, 248; zu "Einheimischenmodellen" bei der Vergabe von Liegenschaften im Lichte des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts EuGH, Urt. v. 8.5.2013 – C-197/11, u.a. DVBl 2013, 1041; zum ggf. auch aus dem unionsrechtlichen Verbot der Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit folgenden Transparenzgebot für Vergabeentscheidungen EuGH, Urt. v. 13.10.2005 – C-458/03, Slg. 2005, I-8585; zu Marktzulassungsentscheidungen auf der Grundlage von § 70 Abs. 3 GewO BayVGH, Beschl. v. 12.8.2013 – 22 CE 13.970, NVwZ-RR 2013, 933; zur Aus...