a) Allgemeines (Art. 14 Abs. 1 GG, 3 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 GG)
Bereits am 27.1.1982 hat der frühere Präsident der Bundesbank Schlesinger in einem Vortrag vor der Berliner Juristischen Gesellschaft auf die Notwendigkeit der Verteidigung des Geldwerts in einer inflatorischen Umwelt hingewiesen, denn durch Inflation würden elementare Rechtsgrundsätze wie der Gleichheitssatz, das Sozialstaatsprinzip oder das Eigentumsrecht tangiert, die u.U. ausgehöhlt werden können (vgl. Schlesinger, Verteidigung des Geldwerts in einer inflatorischen Umwelt, S. 5). Warum dies so ist, ergibt sich aus Folgendem:
Inflation bedeutet eine Verminderung des Geldwerts und damit eine Verschlechterung der Kaufkraft. Als Ursachen einer Inflation gelten Angebotsschocks in Form einer Verknappung von Gütern und Dienstleistungen (z.B. durch Probleme bei den Lieferketten) oder Nachfrageschocks durch eine plötzliche Nachfrageausweitung, eine importierte Inflation durch einen Preisanstieg für – zumindest nicht kurzfristig substituierbare – Importe, eine administrative Inflation durch z.B. steigende staatliche Preise und Gebühren (etwa Mehrwertsteuererhöhung; Mineralölsteuer, die umgehend auf die Preise übergewälzt werden), eine massive Lohnerhöhung (Lohn-Preis-Spirale), oder auch eine Preis-Lohn-Spirale. Weitere Ursachen können politische Schocks sein (z.B. Kriege oder Terroranschläge) sowie massive Preissteigerungen etwa bei Rohstoffen oder Energie (Ölkrisen 1973/74 sowie 1979/1980); zu erwähnen ist natürlich die aktuelle Gaskrise im Zuge des Ukraine-Kriegs. Eine weitere Ursache könnte eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation sein, die auf Teilmärkten zu oligopolistischen oder gar monopolistischen Strukturen führt und damit Preiserhöhungsspielräume eröffnet. Selbstverständlich kann auch eine fehlgeleitete Geldpolitik der Notenbank Inflation verursachen.
Die Folgen der Inflation sind vielfältig. Das vielleicht größte Risiko liegt sicherlich im Verlust des Vertrauens in das Geld bzw. die Währung, das im Falle einer Hyperinflation zu beobachten ist (wie in Deutschland 1923; weltweit kommt man seit 1920 auf ca. 50 Hyperinflationen; und das keineswegs nur in Entwicklungsländern, sondern z.B. auch im damaligen Jugoslawien, Argentinien, Brasilien, vgl. Beck/Bacher/Herrmann, Inflation, 3. Aufl. 2022, S. 72 ff.).
Selbst hohe, aber noch moderate Inflationsraten führen zu Umverteilungen, d.h. zu Gewinnern und Verlierern in der Gesellschaft, d.h. bei den realen Sektoren (Staat, Unternehmen, private Haushalte, Ausland).
Grundsätzlich gilt, dass Eigentümer von nominal bestimmten Finanzaktiva, also Gläubiger monetärer Forderungen, die Verlierer sind. Umgekehrt sind die Schuldner von Finanzpassiva (monetären Verbindlichkeiten) die Gewinner. Ihre Verbindlichkeiten verringern sich real gesehen. Sie entschulden sich durch Inflation. In der Finanzierungsrechnung, bei der die Stromgrößen der gesamtwirtschaftlichen Ersparnis und Kreditaufnahme einander gegenübergestellt werden ("Welcher Sektor spart wieviel und wo fließen diese Mittel hin?"), sind bekanntlich – bei Nettobetrachtung – die privaten Haushalte die "Sparer", während der Staat und die Unternehmen netto eher die Kreditnehmer sind, also finanzielle Verbindlichkeiten haben. Natürlich gibt es bei allen drei realen Sektoren "Sparer" wie auch "Kreditnehmer" (z.B. private Haushalte mit Wohnungsbau- sowie Konsumentenkrediten), netto überwiegen aber bei Staat und Unternehmen die Finanzpassiva. Dementsprechend verringern sich ihre Verbindlichkeiten durch Inflation real (Unternehmenskredite; Staatsverschuldung; Anleihen, vgl. Bauer, Unbarer Zahlungsverkehr und die Rolle des Zentralbankgeldes, S. 41 f.).
Beim Staat kommt nicht nur die steuersatzbedingte "kalte Progression" hinzu, die das Steueraufkommen zusätzlich erhöht, sondern weitere Steuern wie etwa Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Ökosteuern usw. zeigen auch bei gleichbleibendem Steuersatz ein höheres Aufkommen, bedingt durch ihre Anbindung an die Preise und deren allgemeine Aufblähung. Passt der Staat zudem bei den Staatsausgaben für die Transferleistungen die dortigen Betragsgrenzen nicht oder verspätet an, kann er sein laufendes Haushaltsdefizit verringern. Die bestehende Staatsschuld verringert sich in Relation zum BIP, wenn dessen inflationsbedingtes nominales Wachstum schneller wächst als etwa die Nettoneuverschuldung.
Insbesondere Bezieher höherer Einkommen haben als Vermögen eher Realaktiva (Immobilien, Mieteinnahmen, Beteiligungen oder Edelmetalle), während die Bezieher geringerer und mittlerer Einkommen eher Spareinlagen und Rentenansprüche haben, deren realer Wert sich bei Inflation umgehend vermindert. Zudem ist bei den unteren und mittleren Einkommensbeziehern der Anteil der Konsumausgaben, z.B. für Mieten, Nahrungsmittel, Energie, deutlich höher als bei den höheren Einkommen. Die Belastung durch steigende Preise ist daher für untere Einkommensgruppen überproportional stärker.
Am stärksten wird durch die Inflation sicherlich die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes beeinträchtigt. Bei anhaltender Kaufkraftversc...