In der überwiegenden Anzahl der Zivilverfahren schließt sich der Hauptsacheentscheidung oder der Beendigung des Rechtsstreits durch Kostenbeschluss oder Vergleich ein Kostenfestsetzungsverfahren an. In der ZPO ist dieses Verfahren in nur sechs Paragrafen geregelt, wobei § 126 ZPO für den für die Partei bestellten Rechtsanwalt ein eigenes Beitreibungsrecht vorsieht. Das Kostenfestsetzungsverfahren, das im Zivilprozess gem. § 21 Nr. 1 RPflG dem Rechtspfleger übertragen worden ist, ist in der Praxis ein Massengeschäft. Gleichwohl stellen sich den am Kostenfestsetzungsverfahren Beteiligten nicht selten einige Probleme. Zu einem Themenkomplex, nämlich über die Nachfestsetzung von Kosten, habe ich ausführlich in den Gebührentipps II/2023 (vgl. ZAP 2023, 907, 912 ff.) Stellung genommen. Zur Zulässigkeit der Nachfestsetzung aufgrund geänderter Rspr. habe ich in den Gebührentipps I/2024 (vgl. ZAP 2024, 131 ff.) auf eine Entscheidung des OLG Karlsruhe verwiesen. In den nachfolgenden Gebührentipps soll auf einige weitere Probleme hingewiesen werden, die Gegenstand aktueller Entscheidungen gewesen sind.
1. Form des Kostenfestsetzungsantrags
Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein Antragsverfahren und wird nicht etwa von Amts wegen betrieben. Gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Für diesen Kostenfestsetzungsantrag besteht kein Anwaltszwang, weil der den Anwaltszwang regelnde § 78 Abs. 1 ZPO für das vor dem Rechtspfleger betriebene Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 13, 21 Nr. 1 RPflG keine Anwendung findet (s. BGH, Beschl. v. 26.1.2006 – III ZB 63/05, AGS 2006, 516 = RVGreport 2006, 357 [Hansens]). Ist die erstattungsberechtigte Partei in dem vorangegangenen Rechtsstreit allerdings anwaltlich vertreten, wird im Regelfall der Kostenfestsetzungsantrag auch von dem Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten gestellt. Welche Formanforderungen an einen solchen von einem Rechtsanwalt gestellten Kostenfestsetzungsantrag zu richten sind, war Gegenstand einer Entscheidung des OLG Frankfurt a.M.
a) Der Fall des OLG Frankfurt a.M.
Im Fall des OLG Frankfurt a.M. hatte sich der Kläger, der Rechtsanwalt und Notar a.D. ist, in dem vor dem LG Gießen geführten Rechtsstreit von Rechtsanwalt A vertreten lassen. Dieser hat für den Kläger beim OLG Frankfurt a.M. gegen das die Klage abweisende Urteil des LG Berufung eingelegt und begründet. Mit seinem per Telefax übermittelten Schriftsatz vom 29.8.2022 zeigte der Kläger an, er vertrete sich nunmehr selbst. Ferner wies er darauf hin, er besitze kein elektronisches Postfach – gemeint ist das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) –, weil er nur noch zwei Verfahren zu bearbeiten habe. Nach mehrfachem Hinweis des Berufungsgerichts auf § 130d ZPO ließ er sich zwecks Zustimmung zum schriftlichen Verfahren nunmehr durch Rechtsanwalt B vertreten.
Nach Beendigung des Berufungsverfahrens stellte der Kläger unter Verwendung seines Briefbogens als Rechtsanwalt und Notar einen als „Rechtsanwalt” unterzeichneten und vom 28.12.2022 datierten Kostenausgleichungsantrag, den Rechtsanwalt B im Auftrag des Klägers per beA an das LG Gießen übermittelte. Der hierzu gehörte Beklagte rügte den Antrag wegen Verstoßes gegen § 130a Abs. 3 ZPO als formunwirksam. Auf einen den Inhalt seines Antrags betreffenden Hinweis des Rechtspflegers des LG korrigierte der Kläger seinen Kostenausgleichungsantrag mit einem erneut durch Rechtsanwalt B per beA übermittelten Antrag vom 13.4.2023. Nach dem Hinweis des Rechtspflegers darauf, die Anträge würden „nicht mit dem signierenden Rechtsanwalt übereinstimmen”, wiederholte der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag unter dem 20.6.2023 auf seinem Anwaltsbriefpapier per Telefax, wobei er bei der Namensangabe unter der Unterschrift die Bezeichnung „Rechtsanwalt” wegließ.
Durch Beschl. v. 17.7.2023 hat der Rechtspfleger des LG Gießen die von dem Beklagten nach Ausgleichung an den Kläger zu erstattenden Kosten festgesetzt. Mit seiner hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde machte der Beklagte geltend, der Kläger könne nicht zur Umgehung des gesetzlichen Formerfordernisses seinen Kostenfestsetzungsantrag formfrei als Partei stellen. Solange er als Rechtsanwalt tätig sei, habe er sich des beA zu bedienen.
Der Rechtspfleger des LG Gießen hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Frankfurt a.M. zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat der Rechtspfleger ausgeführt, bei Verfahren vor dem Rechtspfleger bestehe kein Anwaltszwang. Sofern eine Partei selbst Anträge als Partei stelle und nicht als Rechtsanwalt unterzeichnend an das Gericht sende, bestehe kein besonderes Formerfordernis.
Die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hatte beim OLG Erfolg. Das OLG Frankfurt a.M. hat den zuletzt vom Kläger gestellten Kostenfestsetzungsantrag v. 20.6.2023 zurückgewiesen und den Kostenfestsetzungsbeschluss v. 17.7.2023 aufgehoben (Beschl. v. 18.1.2024 – 18 W 120/23, JurBüro 2024, 139 = NJW-RR 2024,...