Nicht immer ist der Mandant der deutschen Sprache, die ja gem. § 184 S. 1 GVG Gerichtssprache ist, hinreichend mächtig. In einem solchen Fall übernimmt vielfach der Prozessbevollmächtigte die mündliche oder schriftliche Übersetzung. Gegenstand einer Entscheidung des OLG Brandenburg war die Frage, ob dem Prozessbevollmächtigten für seine Übersetzungstätigkeit eine besondere Vergütung zusteht und ob diese erstattungsfähig ist (OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.12.2023 – 6 W 116/23, AGS 2024, 265 [Hansens] = NJW-RR 2024, 344).
1. Der Fall des OLG Brandenburg
In dem LG Potsdam anhängigen Rechtsstreit, der eine urheberrechtliche Streitigkeit zum Inhalt hatte, ließ sich die der deutschen Sprache nicht mächtige Klägerin durch einen – deutschen – Prozessbevollmächtigten vertreten. Dieser Rechtsanwalt übersetzte der Klägerin schriftlich das gerichtliche Protokoll, ein gegen die Beklagte ergangenes Versäumnisurteil nebst Rechtsbehelfsbelehrung, den im Verlauf des Rechtsstreits geschlossenen Vergleich der Parteien sowie sämtliche im Rechtsstreit gewechselten Schriftsätze. Hierfür berechnete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seiner Mandantin nach Maßgabe des § 11 JVEG Übersetzungskosten i.H.v. insgesamt 1.084,20 EUR.
Aufgrund der zu ihren Gunsten ergangenen Kostenentscheidung hat die Klägerin die Festsetzung ihrer nach dem gerichtlich auf 40.000 EUR festgesetzten Streitwert berechneten Anwaltskosten und der vorgenannten Übersetzungskosten gegen die Beklagte beantragt. Die Rechtspflegerin hat diese Kosten antragsgemäß festgesetzt. Gegen die Mitfestsetzung der Übersetzungskosten hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt. Das OLG Brandenburg hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
2. Übersetzungskosten nicht durch die Verfahrensgebühr abgegolten
Dem zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalt fällt die Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information an. Hierdurch abgegolten wird auch die Beratung des Mandanten und dessen Information über den Prozessstand. Demgegenüber gehört nach Auffassung des OLG Brandenburg die Übersetzung von Schriftsätzen und gerichtlichen Entscheidungen nicht zu den dem Prozessbevollmächtigten obliegenden Aufgaben. Dies habe zur Folge, dass die Übersetzungstätigkeit des Prozessbevollmächtigten insgesamt nicht unter den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr fällt. Vielmehr seien diese Tätigkeiten nach Maßgabe des § 11 JVEG zusätzlich zu vergüten.
3. Erstattungsfähigkeit der Übersetzungskosten
Die von dem Prozessbevollmächtigten gem. § 11 JVEG zusätzlich berechneten Übersetzungskosten gehören nicht zu den gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts, die gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO grds. kraft Gesetzes ohne nähere Notwendigkeitsprüfung erstattungsfähig sind. Vielmehr beurteilt sich die Erstattungsfähigkeit dieser Übersetzungskosten nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die schriftliche Übersetzung sämtlicher Schriftstücke für die der deutschen Sprache nicht mächtige Mandantin war nach Auffassung des OLG Brandenburg erstattungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Protokoll und das Versäumnisurteil seien nämlich wesentliche gerichtliche Dokumente, von deren Inhalt die Partei als Herrin des Verfahrens schon zur Wahrung ihres rechtlichen Gehörs Kenntnis erhalten müsse. Das Protokoll habe außerdem einen Vergleich der Parteien enthalten, dessen genauen Inhalt zu kennen für die Klägerin unabdingbar gewesen sei. Auch die Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung zu dem gegen die Beklagte ergangenen Versäumnisurteil hat das OLG Brandenburg für notwendig angesehen, weil anders die der deutschen Sprache nicht mächtige Klägerin nicht habe nachvollziehen können, ob diese sich nur an die Beklagte richtet und welche Rechtsbehelfe dieser eröffnet seien.
Nach Auffassung des OLG Brandenburg war es hier auch notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sämtliche in dem Rechtsstreit gewechselten Schriftsätze wörtlich übersetzt hatte. Ob sich die der deutschen Sprache nicht mächtige Partei ggf. mit einer mündlichen Information seitens ihres Prozessbevollmächtigten oder einer Zusammenfassung des Prozessstoffs begnügen muss, sei eine Frage des Einzelfalls (s. BVerfG, Urt. v. 30.1.1990 – 2 BvR 1085/89, NJW 1990, 3072; LG Osnabrück, Beschl. v. 1.6.1989 – 9 T 23/89, JurBüro 1990, 729 für Dolmetscherkosten; OLG Hamburg, Beschl. v. 27.2.1996 – 8 W 23/96, Rpfleger 1996, 370 für Übersetzungen für eine dänische Partei, die zudem durch einen dänischen Verkehrsanwalt vertreten war).
Für das OLG Brandenburg waren hier die Komplexität des Sachverhalts, die Bedeutung einer schriftlichen Übersetzung für das prozessuale Vorgehen und das Verhältnis der hierdurch entstehenden Kosten zu der Höhe der Klageforderung entscheidende Kriterien, die zur Erstattungsfähigkeit der Übersetzungskosten geführt haben. Ebenfalls maßgeblich war für das OLG Brandenburg die Schwierigkeit der mit der urheberrechtlichen Streitigkeit verbundenen Rechtsfragen, aufgrund dessen sich das Bedürfnis der Klägerin nach wörtlicher Übersetzung der Schriftsätze herleitete.
4. Hinweise für die Praxis
Rechtsanwälte vertreten in einem Recht...