Anlässlich der aus dem Land Berlin kürzlich bekannt gewordenen Zahlen zur Abfrage von bei Funkzellen angemeldeten Mobiltelefonen durch die Behörden hat der Deutsche Anwaltverein Absichten aus der Politik kritisiert, diese Ermittlungsmethode in Zukunft noch auszuweiten. Sie sei ein massiver Grundrechtseingriff und überdies rechtlich bedenklich, so der DAV. Die Presse hatte berichtet, dass die Berliner Strafverfolgungsbehörden im vergangenen Jahr in 500 Ermittlungsverfahren eine anonyme Funkzellenabfrage angewandt hatten. Der Berliner Justizsenator lässt sich mit Worten zitieren, dass die Grundrechtseingriffe "minimal" wären.
Dies bezweifelt der DAV. Betroffen von einer Funkzellenabfrage seien alle, also auch unbescholtene Bürger, die sich gerade in dieser Funkzelle befänden. Man dürfe mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht so großzügig umgehen, massenhafte Grundrechtsverletzungen akzeptabel zu finden, weil sie angeblich "minimal" seien, so Rechtsanwalt Prof. Dr. Stefan König, Mitglied im Ausschuss Gefahrenabwehrrecht des DAV.
Es handele sich bei der Funkzellenabfrage zudem um einen verdachtslosen Grundrechtseingriff mit großer Streubreite. Jeder Einzelne sei bei einem verdachtslosen Eingriff in seiner grundrechtlichen Freiheit umso intensiver betroffen, je weniger er selbst für einen staatlichen Eingriff Anlass gegeben hat. Dies habe schon das BVerfG in seiner Entscheidung zur polizeirechtlichen Rasterfahndung festgestellt (Beschl. v. 4.4.2006 – 1 BvR 518/02).
Die Funkzellenabfrage begründe für die Personen, in deren Grundrechte sie eingreife, zudem ein erhöhtes Risiko, Ziel weiterer behördlicher Ermittlungsverfahren zu werden. Das BVerfG habe in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Umstand berücksichtigt werden müsse, dass unabhängig von einer wie auch immer geregelten Ausgestaltung der Datenverwendung das Risiko von Bürgern erheblich steige, weiteren Ermittlungen ausgesetzt zu werden, ohne selbst Anlass dazu gegeben zu haben (Urt. v. 2.3.2010 – 1 BvR 256/08 u.a.).
Das Verfassungsgericht, so der DAV, spreche damit neben dem Risiko, weiteren Ermittlungen ausgesetzt zu sein, auch den Gesichtspunkt an, dass die Betroffenen unter "Erklärungsdruck" geraten. Es werde also praktisch Sache der Betroffenen, sich zu rechtfertigen, ob und weshalb sie sich an einem bestimmten Ort aufgehalten haben. Von solchen Eingriffen könnten Einschüchterungseffekte ausgehen, die zur Beeinträchtigung bei der Ausübung von Grundrechten führen.
[Quelle: DAV]