Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann eine Personengesellschaft nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufes i.S.v. § 18 EStG darstellt, ausüben, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale des freien Berufs erfüllen. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personengesellschaft selbst – trotz ihrer im Ertragsteuerrecht grundsätzlich anerkannten partiellen Steuerrechtsfähigkeit (vgl. BFH, Beschl. v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679) –, sondern nur von deren Gesellschaftern als natürliche Personen erfüllt werden.
Hieran knüpft einleitend auch der BFH im Streitfall an und weist zugleich darauf hin, dass es hierbei grundsätzlich unschädlich ist, wenn die klagendende GbR – durch ihre Gesellschafter – neben der freiberuflichen anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgrund der Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter und Treuhänder zugleich auch eine sonstige selbständige (hier: vermögensverwaltende) Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausübe, solange nur die Gesellschafter dabei selbst in diesem Bereich eigenverantwortlich und leitend tätig sind, mithin also insoweit der Tätigkeit den "Stempel der Persönlichkeit" aufdrücken (vgl. dazu grundlegend BFH, Urt. v. 15.12.2010 – VIII R 50/09, BStBl. II 2011, 506 = Singer ZAP F. 20, S. 527 sowie BFH, Urt. v. 16.7.2014 – VIII R 41/12, BStBl. II 2015, 216 – zum angestellten Arzt).
Hinweis:
Bei der Mithilfe qualifizierten Personals entspricht eine Insolvenzverwaltertätigkeit diesem Erfordernis aber nur dann, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist und die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit gewährleistet.
Im Streitfall übte nach den im Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des FG aber u.a. auch der angestellte Rechtsanwalt, derer sich die GbR als qualifizierten Mitarbeiter bedient hatte und dem kein steuerlicher Mitunternehmerstatus zuerkannt wurde, zumindest teilweise, nämlich soweit er, und nicht einer der Anwaltskollegen zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter bestellt wurde, die Insolvenzverwaltertätigkeit eigenverantwortlich aus. Seine Weisungsgebundenheit als Arbeitnehmer und seine Eingliederung in die betrieblichen Strukturen standen dem nicht entgegen und reichten auch nicht aus, dadurch eine "leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit" i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG des jeweiligen Gesellschafters der GbR in Bezug auf die vom ihm als angestellten Rechtsanwalt verrichteten Tätigkeit zu begründen. Folglich lag im Hinblick auf dessen erzielte Umsätze zugleich eine gewerbliche Tätigkeit der GbR i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG vor, die nach Ansicht des BFH aber von so untergeordneter Bedeutung waren, dass eine entsprechende Umqualifizierung auch der übrigen Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu einem unverhältnismäßigen Ergebnis führen würde. Tragender Grund hierfür war, dass das BVerfG diese entsprechende gesetzliche "Abfärberegelung" u.a. nur deshalb als (noch) verfassungskonform angesehen habe (vgl. Beschl. v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = ZIP 2008, 1164), weil der BFH jene bei geringen gewerblichen Einkünften in der Vergangenheit stets restriktiv ausgelegt habe. Hieran sei nach Ansicht des Senats auch in Zukunft festzuhalten und von einem geringen Ausmaß künftig dann auszugehen, wenn – wie im Streitfall – die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 v.H. der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungsjahr nicht übersteigen.
Fazit
Auch wenn die relative Bagatellgrenze damit von ursprünglich 1,25 % der Gesamtumsätze (vgl. H 15.8 Abs. 5 EStH 2013) auf nunmehr 3 % steigt, ist die zusätzlich eingeführte – aus der Freibetragsgrenze des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG abgeleitete – absolute Höchstgrenze von 24.500 EUR nicht unproblematisch, weil es sich dabei um eine Umsatz- und nicht eine Gewinngrenze handelt, so dass die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe aus der gewerblichen Bagatelltätigkeit überhaupt ein Gewinn erzielt worden ist, grundsätzlich irrelevant ist.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Mark T. Singer, Neuss
ZAP 16/2015, S. 899 – 900