Die vorstehende Aufzählung der Klagearten ist nicht abschließend. Die verwaltungsgerichtliche Generalklausel (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO) bewirkt, dass der Rechtsschutz gegen hoheitliche Handlungen oder Unterlassungen grundsätzlich unabhängig von der Rechtsform des Handelns gewährleistet ist. Diese Absage an das traditionelle Enumerationsprinzip entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. Hufen, Verwaltungsprozessrecht § 13 Rn. 1).
a) Organstreitverfahren
Körperschaftsinterne Organstreitigkeiten waren bis Ende der 60er Jahre nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Prozesse. Ihnen stand der Einwand des In-Sich-Prozesses entgegen. Diese Auffassung wird nicht mehr vertreten. Ein In-Sich-Prozess liegt nicht vor, wenn die streitenden Parteien eigene organschaftliche Rechte oder Organverwalterrechte besitzen, die ihnen als subjektiv-öffentliche Rechte und damit als wehrfähige Kompetenzen durch die Rechtsordnung zugewiesen sind. Der verwaltungsrechtliche Organstreit lässt sich mit dem verfassungsrechtlichen Organstreit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG) vergleichen (Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 665 f. m.w.N.). In der anwaltlichen Praxis tauchen solche Verfahren höchst selten auf, von einer vertiefenden Darstellung wird daher abgesehen.
b) Vollstreckungsabwehrklage (§ 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 767 ZPO)
Von den Gestaltungsklagen erlangt im Verwaltungsprozess lediglich die Vollstreckungsgegenklage praktische Bedeutung (Bosch/Schmidt/Vondung, Praktische Einführung in das verwaltungsgerichtliche Verfahren, Rn. 901). Mit dieser Gestaltungsklage wird die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungstitel für unzulässig erklärt. Zu diesem Zweck müssen materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden, der durch das Urteil festgestellt wurde. Dazu zählen Erfüllung, Verzicht, Verwirkung oder nachträgliche Legalisierung.
Hinweis:
Entscheidend ist, dass diese Einwendungen nach der letzten mündlichen Verhandlung (§ 767 Abs. 2 ZPO) entstanden sind (Würtenberger, a.a.O. Rn. 766). Die nachträgliche Legalisierung durch eine Gesetzesänderung begründet im Zivilprozess keine beachtliche Einwendung. Dies hängt damit zusammen, dass die Zivilgerichte oft nur über punktuelle Sachverhalte entscheiden.
Zudem wird der zeitliche Anwendungsbereich der neuen Rechtsvorschrift im Hinblick auf eine Rückwirkung restriktiv bestimmt. Im Verwaltungsprozessrecht wird dagegen davon ausgegangen, dass sich der Vollstreckungsschuldner auf eine nachträgliche Rechtsänderung mittels der Vollstreckungsabwehrklage berufen kann. Denn die Verwaltungsgerichte befinden nicht selten über Lebenssachverhalte und darauf gegründete Rechtsbeziehungen, die steter Wandlung unterliegen (Guckelberger NVwZ 2004, 662, 668 m.w.N.). Allerdings führt auch im Verwaltungs(prozess)recht nicht jede Gesetzesänderung dazu, dass die Vollstreckung eines titulierten Anspruchs unzulässig wird. Zu prüfen ist vielmehr, ob sich die Rechtsänderung auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs auswirkt.
Festzuhalten bleibt somit für die Vollstreckungsabwehrklage im Zivil- und Verwaltungsprozessrecht, dass sich im Gegensatz zum Einwand der Erfüllung, der stets eine relevante Einwendung i.S.d. § 767 ZPO begründet, bei einer nachträglichen Rechtsänderung nicht pauschal sagen lässt, sie führe zum Erfolg einer Vollstreckungsabwehrklage. Insoweit kommt es entscheidend auf den Inhalt der titulierten Forderung sowie den zeitlichen Anwendungsbereich der neuen Rechtsvorschrift an (Guckelberger a.a.O.).
c) Drittwiderspruchsklage (§ 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 771 ZPO)
Mit der auch im Verwaltungsprozess zulässigen Drittwiderspruchsklage werden, ebenso wie im Zivilprozess, Vollstreckungsmaßnahmen in Vermögensbestandteile Dritter abgewehrt, die dem Vollstreckungsgläubiger nicht haften (Würtenberger, a.a.O., Rn. 768 m.w.N.).
d) Abänderungsklage (§ 173 VwGO i.V.m. § 323 ZPO)
Die Abänderungsklage kommt im Verwaltungsprozess für Leistungsurteile im engeren Sinne und entsprechende Vergleiche in Betracht. Die Voraussetzungen orientieren sich an § 323 ZPO.