Die statthafte Klageart richtet sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach dem klägerischen Begehren, § 88 VwGO: Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen (ne ultra petita), ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Eine Bezeichnung der Klage, etwa als Anfechtungsklage ist nicht erforderlich; selbst eine falsche Bezeichnung ist unschädlich. Das darf nicht darüber hinweg täuschen, dass man sich immer vor Augen führen sollte, was mit der Klage konkret erreicht werden soll. Die Frage nach der Klageart dient der Klärung, welches verwaltungsprozessuale Instrumentarium für das Begehren des Klägers aktiviert werden kann (Sennekamp in: Quaas/Zuck, Prozesse in Verwaltungssachen, § 3 Rn. 64). Außerdem wird empfohlen, bei der Prüfung der statthaften Klagearten zunächst zu untersuchen, ob eine Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht kommt. Ist dies nicht der Fall, muss auf die allgemeine Leistungs- oder Feststellungsklage zurückgegriffen werden. Die Wahl der richtigen Klageart ist vor allem im Hinblick auf die Einhaltung der Prozessvoraussetzungen von Bedeutung (Sennekamp, a.a.O.).
Praxistipp:
Zu achten ist vor allem auf eine korrekte Antragstellung. Ist der Kläger anwaltlich vertreten, ruft es zuweilen Erstaunen hervor, wenn im Tatbestand des Urteils die Formulierung auftaucht: "Der Kläger beantragt sinngemäß ..." So etwas kann u.U. auch haftungsrechtlich relevant werden. Es ist eine Vielzahl von Klageanträgen denkbar. Die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Konstellationen werden nachfolgend behandelt.
1. Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO
Ziel einer Anfechtungsklage ist die (Teil-)Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts. Es handelt sich dabei um eine Gestaltungsklage. Voraussetzung für eine Aufhebung ist nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Folge ist die Aufhebung des Verwaltungsakts durch das Gericht, § 113 Abs. 1 VwGO. Anfechtungsklagen gibt es auch im Finanzgerichtsverfahren (§ 40 Abs. 1 FGO) – dort die mit Abstand wichtigste Klageart – und im sozialgerichtlichen Verfahren (§ 54 Abs. 1 SGG).
a) Verwaltungsakt, § 35 VwVfG
Gegenstand der Anfechtungsklage ist nach § 79 Abs. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, bzw. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.
Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht, § 79 Abs. 2 VwGO.
Teilbare Verwaltungsakte können hinsichtlich der einzelnen Teile angefochten werden. Es gibt selbständige und unselbständige Nebenbestimmungen. Selbständig sind:
Unselbständige sind:
Hinweis:
Unselbständige Nebenbestimmungen sind isoliert anfechtbar, sofern sie prozessual und materiell teilbar sind.
b) Rechtsverletzung, § 42 Abs. 2 VwGO
Der Kläger muss geltend machen, durch den angegriffenen Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen (subjektiven) Rechten verletzt zu sein, § 42 Abs. 2 VwGO.
Die neuere Rechtsprechung weist nun ausdrücklich darauf hin, dass sich aus dem Prozessrecht nur ergibt, dass "ein Kläger im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit ebenso mit einem Aufhebungsbegehren wie mit einem Verpflichtungsbegehren nur dann Erfolg haben kann, wenn er im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung des Verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte Leistung hat". Dies bedeutet, dass im Falle der Anfechtungsklage der Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig sein muss, da der Kläger keinen Anspruch auf die Aufhebung eines rechtmäßigen Verwaltungsakts geltend machen kann. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO, der im Präsens formuliert ist (Gärditz/Orth jura 2013, 1100, 1103 m.w.N.).
c) Widerspruchsverfahren (Anfechtungswiderspruch), § 68 VwGO
Die Durchführung des Widerspruchsverfahrens ist – soweit noch gesetzlich vorgesehen – Sachurteilsvoraussetzung. In zahlreichen Bundesländern wird auf das Erfordernis eines Widerspruchsverfahrens – zumindest teilweise – verzichtet. Für Nordrhein-Westfalen beispielsweise ist nach § 110 Abs. 1 Justizgesetz (JustG) NRW vor einer Klage gegen einen Verwaltungsakt grundsätzlich kein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Ausnahmen sind in § 110 Abs. 2 JustG NRW geregelt.
Hinweis:
Ab dem 1.1.2015 gilt die grundsätzliche Abschaffung des Widerspruchverfahrens u.a. nicht mehr für Verwaltungsakte, die nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erlassen werden sowie für Verwaltungsakte nach dem SGB VIII in Verbindung mit den dazu ergangenen landesrecht...