Das verwaltungsgerichtliche Verfahren unterscheidet sich ganz erheblich vom Zivilprozess. Eine verwaltungsgerichtliche Klagebegründung kann sich regelmäßig nicht auf die Darstellung des Sachverhalts beschränken. Sie muss in viel stärkerem Maße als im Zivilprozess zu Rechtsfragen Stellung nehmen. Spätestens mit der Klagebegründung sollten die Anträge begründet werden (de Witt in: Beck‘sches Rechtsanwaltshandbuch, C III, Rn. 76, 79 und 86). Man sollte immer im Auge halten, dass sich eine Behörde oder Selbstverwaltungskörperschaft erheblich von einem zivilprozessualen Gegner unterscheidet.
Auch wenn immer wieder zu hören ist, der Wahl der richtigen Klageart komme im Verwaltungsprozessrecht keine besondere Bedeutung zu, sollten die vorstehenden Ausführungen deutlich gemacht haben, dass eine echte Durchdringung des Streitstoffs nur möglich ist, wenn man sich zuvor klargemacht hat, was eigentlich gewollt ist, im Sinne der zutreffenden Klageart und eines korrekten Antrags. Die besten Ausführungen zum materiellen Recht verlieren unter Umständen an Bedeutung, wenn man sich prozessual auf dünnes Eis begibt. Die VwGO geht in ihrer Konzeption davon aus, dass das Begehren des Klägers in einer bestimmten Rechtsschutzform, nämlich in der richtigen Klageart, geltend gemacht und das Klagebegehren genügend präzisiert werden muss (vgl. Mertens, Die Praxis des Verwaltungsprozesses, S. 65).
Fricke (Fricke/Ott, Verwaltungsrecht in der anwaltlichen Praxis, § 2 Rn. 30 m.w.N.) ist der Ansicht, eine zusammenhängende Regelung der verschiedenen Klage- und Verfahrensarten sei in der VwGO nicht erfolgt, die Regelung sei zudem unvollständig und lasse einen klaren, systematischen Aufbau vermissen. Dies macht den Umgang mit den von der VwGO zur Verfügung gestellten Instrumentarien nicht unbedingt leichter. Der Vollständigkeit halber sei noch auf die Möglichkeit der Widerklage hingewiesen. Voraussetzung ist, dass der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln zusammenhängt, § 89 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Eine Widerklage ist hingegen ausgeschlossen bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen und wenn in den Fällen des § 52 Nr. 1 VwGO für die Klage wegen des Gegenanspruchs ein anderes Gericht zuständig ist.
Hinweis:
Für alle Klagen gilt, dass sie den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen müssen. Sie sollen einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden, vgl. § 82 Abs. 1 VwGO.
Im Unterschied zu zivilrechtlichen Klagen wird die Streitsache bereits mit Erhebung der Klage und nicht erst mit Zustellung an den Klagegegner rechtshängig, § 90 Abs. 1 VwGO.
Das weitere Verfahren nach Klageerhebung ist in den §§ 87 ff. VwGO detailliert geregelt. Das Gericht entscheidet über die Klage durch Urteil, Zwischenurteil oder Teilurteil. Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO. Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil, § 84 Abs. 3 VwGO.
Um den Rechtsstreit vollständig oder zum Teil zu erledigen, kann ein (widerruflicher) Vergleich abgeschlossen werden, soweit die Verfahrensbeteiligten über den Gegenstand des Vergleichs verfügen können, § 106 S. 1 VwGO. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich gegenüber dem Gericht annehmen.
Autor: Rechtsanwalt a.D. Ralf Rödel, Nottuln
ZAP 16/2015, S. 887 – 898