1. Versöhnung der Ehegatten
Eine Versöhnung der Eheleute beendet die Trennungszeit, so dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung entfallen; der Scheidungsantrag ist zurückzunehmen. Die Beweislast für die erfolgreiche Versöhnung trägt der Ehegatte, der nicht geschieden werden will (OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 1213).
Allerdings zieht die endgültige Versöhnung der Eheleute weitere rechtliche Konsequenzen nach sich: Bei erfolgreicher Versöhnung erlöschen der Trennungsunterhaltsanspruch und auch der diesen Anspruch regelnde Titel.
Der Anspruch lebt auch durch eine erneute Trennung nicht wieder auf (OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 1213). Bei einer Unterhaltsvereinbarung ist durch Auslegung zu klären, ob die damals getroffene Regelung über den Trennungsunterhalt noch bei einer erneuten Trennung weiter gilt (OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 1104 m. Anm. Bergschneider).
Bei erneuter Trennung der Ehegatten nach erfolgreicher Versöhnung beginnt ein neues Trennungsjahr! Wird später erneut ein Scheidungsverfahren eingeleitet, wird ein neues Ende der Ehezeit gesetzt ebenso wie ein neuer Stichtag für den Zugewinnausgleich.
Auch kostenrechtliche Überlegungen sollten nicht außen vor bleiben. Der Mandant, der die Kosten selbst trägt, sollte fairerweise auf die – neuen und zusätzlichen – Kosten eines späteren Verfahrens hingewiesen werden. Ist Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, besteht das Risiko, dass nach der wiederholten Trennung nicht erneut Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden wird, weil die vorschnelle Rücknahme als mutwillig i.S.d. § 114 ZPO eingestuft wird.
Praxishinweise:
- Aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht empfiehlt sich daher im Scheidungsverfahren die Formulierung: "Die Beteiligten unternehmen einen Versöhnungsversuch" und nicht die Erklärung "Die Beteiligten haben sich versöhnt".
- Im Anschluss sollte zunächst das Ruhen des Verfahrens beantragt, nicht aber der Scheidungsantrag zurückgenommen werden.
Der beratende Anwalt sollte sich aber eine Frist notieren, um später beim Mandanten nachzufragen, ob das Verfahren jetzt durch Antragsrücknahme beendet werden kann. Sonst besteht die Gefahr, dass die Beteiligten das Scheidungsverfahren vergessen und Jahre später – im Fall eines neuen Scheidungsversuchs – unangenehme Überraschungen erleben. Das alte "vergessene" Verfahren wird wieder aufgenommen und der Versorgungsausgleich nur für die "alte" Ehezeit durchgeführt. Eine Beteiligung des anderen Ehegatten an den seitdem erworbenen Anrechten findet nicht statt. Entsprechendes gilt für den Zugewinn.
Die zeitweise Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ermöglicht die gemeinsame steuerliche Veranlagung im ganzen Kalenderjahr auch bei einem letztlich gescheiterten Versöhnungsversuch. Für diese steuerliche Folge reicht ein Zeitraum des Zusammenlebens von zwei bis sieben Wochen aus.
2. Folgesache Versorgungsausgleich
Das Verfahren zum Versorgungsausgleich ist von Amts wegen durchzuführen (Amtsermittlungsgrundsatz). Dennoch muss beim Versorgungsausgleich nicht nur das Gericht, sondern auch der Verfahrensbevollmächtige des Ehegatten die Übersicht behalten:
- Welche Unterlagen muss der betreffende Ehegatte einreichen?
- Welche Unterlagen sind bereits eingegangen?
- Welche Anrechte bestehen bei welchen Versorgungsträgern?
- Welche Auskünfte sind angefordert worden?
- Welche Auskünfte sind bereits eingegangen?
- Welche Beträge an Anrechten ergeben sich daraus?
- Wie sind diese auszugleichen?
- Soll ggf. eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich getroffen werden?
3. Weitere Verfahrensgegenstände im Verbundverfahren (Folgesachen)
a) Verbundverfahren
Gemäß § 137 FamFG können eine Reihe von weiteren Fragen im Verbund verhandelt und im Zusammenhang mit der Scheidung entschieden werden.
Praxishinweise:
- Es besteht kein Zwang zum Verbundverfahren! Es gibt durchaus verfahrenstaktische Überlegungen, einen als Verbundantrag zulässigen Verfahrensgegenstand erst später als isoliertes Verfahren geltend zu machen.
- Die Entscheidung im Verbund ergeht ausdrücklich "für den Fall der Scheidung" (§ 137 Abs. 2 FamFG).
- Bei Verbundanträgen ist die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG zu beachten (BGH, Beschl. v. 5.6.2013 – XII ZB 427/11, NJW 2013, 2199 = FamRZ 2013, 1300; Beschl. v. 21.3.2012 – XII ZB 447/10, NJW 2012, 1734 = FamRZ 2012, 863; Beschl. v. 4.9.2013 – XII ZB 87/12, FamRZ 2013, 1879 = NJW 2013, 3722).
Für die Einbeziehung einer Folgesache in den Verbund können sprechen:
- geringere Kosten,
- kein vorzeitiger Eintritt der Rechtskraft der Scheidung (Abtrennung gem. § 140 Abs. 2 FamFG scheidet i.d.R. aus),
- Trennungsunterhaltsanspruch läuft weiter, keine Befristung bei kurzer Ehe usw.,
- Mitversicherung in der Krankenversicherung dauert an.
Gegen die Einbeziehung einer Folgesache in den Verbund kann sprechen:
- Zinsverlust bei Zugewinnausgleichsansprüchen aufgrund der später eintretenden Rechtskraft der Scheidung und damit der späteren Fälligkeit;
- Risiko der Kostenaufhebung gem. § 150 Abs. 1 FamFG unabhängig vom Erfolg der Folgesache, da von der abweichenden Regelung des § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG kein Gebrauch gemacht wird.
b) Abtrennung einer Folgesache aus dem Verbundverfahren
Die Abtrennung einer Folgesache ist i.d.R. nur unter strengen Bedingunge...