Die Rechtskraft der Scheidung löst eine Reihe von rechtlichen Konsequenzen aus, auf die der Anwalt seinen Mandanten hinweisen sollte.
1. Gerichtliche Zuständigkeit
Die Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache endet. Auch die weitere Anhängigkeit eines abgetrennten Versorgungsausgleichs (s. § 140 Abs. 2 Nr. 4 FamFG) ändert nichts daran.
2. Ehegattenunterhalt
Beim Ehegattenunterhalt wird materiell-rechtlich und auch verfahrenstechnisch streng zwischen dem Trennungsunterhalt und dem Geschiedenenunterhalt unterschieden.
- Trennungsunterhalt kann nur beansprucht werden ab dem Zeitpunkt der Trennung der Beteiligten bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils.
- Scheidungsunterhalt (Geschiedenenunterhalt) ist dagegen ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.
Beide Ansprüche sind mithin nicht identisch.
a) Bestehender Unterhaltstitel
Das hat zur Folge, dass ein in einem Hauptsacheverfahren erlangter Unterhaltstitel über den Trennungsunterhalt mit der Rechtskraft der Scheidung automatisch endet. Die Zahlungspflicht endet dabei genau mit dem Tag der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses, nicht mit dem Ablauf des Monats (BGH FamRZ 1988, 370, 372). Wird dennoch hinsichtlich laufenden Unterhalts aus dem alten Titel weiter vollstreckt, ist ein Vollstreckungsgegenantrag nach § 113 FamFG, § 767 ZPO erfolgreich.
Für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung wird folglich ein neuer Titel benötigt. Früher galt eine Ausnahme, wenn die Regelung in einer einstweiligen Anordnung erfolgt ist, die nicht ausdrücklich auf den Zeitraum bis zur Rechtskraft der Scheidung befristet worden ist. Ein solcher Titel wirkte über die Rechtskraft der Scheidung hinaus (vgl. § 620f ZPO a.F.). Ob dies seit Einführung des FamFG noch gilt, ist umstritten.
Praxishinweis:
Eine einstweilige Anordnung regelt eindeutig nur den Zeitraum bis zur Rechtskraft der Scheidung, wenn darin von "Trennungsunterhalt" die Rede ist oder der Unterhalt im Tenor ausdrücklich entsprechend befristet wurde.
b) Mahnung
Wegen der unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen wirkt auch die für den Trennungsunterhalt erklärte Mahnung nicht automatisch auf den nachehelichen Unterhalt fort. Die Mahnung für den nachehelichen Unterhalt kann auch noch nicht vor der Rechtskraft der Scheidung wirksam erklärt werden, denn eine Mahnung vor Fälligkeit des Nachscheidungsanspruchs begründet keinen Verzug (BGH FamRZ 1992, 920 f.; OLG Hamm NJW-RR 2001, 433).
c) Auskunftsanspruch
Ungeachtet der Zeitschranke des § 1605 Abs. 2 BGB besteht ein Auskunftsanspruch für den nachehelichen Unterhalt auch dann, wenn zum Trennungsunterhalt Auskunft erteilt wurde (OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2015 – 13 UF 246/14, FamRZ 2015, 1200 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der auf Trennungsunterhalt gestützte Auskunftsantrag abgewiesen worden ist (OLG Koblenz FamRZ 2005, 460).
d) Verfahrenskostenvorschuss
Unter geschiedenen Ehegatten besteht keine Verfahrenskostenvorschusspflicht mehr (BGH FamRZ 2010, 189).
Praxishinweis:
Ist allerdings der Verfahrenskostenvorschusspflichtige vor Rechtskraft der Scheidung in Verzug gesetzt worden, so lässt der Eintritt der Rechtskraft der Scheidung den Vorschussanspruch nicht entfallen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.11.2004 – 19 W 33/04, ZFE 2005, 96).
3. Geschiedenenunterhalt
Beim nachehelichen Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung haben folgende Fragen praktische Bedeutung:
- Voraussetzungen des Anspruchs aus § 1570 BGB wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes;
- Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts gem. § 1578b BGB;
- die Verwirkung des nachehelichen Unterhalts gem. § 1579 BGB;
- die Behandlung von Schulden nach der Scheidung;
- die Behandlung des Wohnvorteils nach der Scheidung.
a) Anspruch aus § 1570 BGB
Ein Unterhaltsanspruch aus § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB besteht, wenn das betreute eheliche Kind noch keine drei Jahre alt ist. Danach verlängert sich der Unterhaltsanspruch, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 S. 2 BGB). Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 S. 3 BGB).
b) Begrenzung und Befristung (§ 1578b BGB)
Eine Begrenzung und Befristung des Geschiedenenunterhalts nach § 1578b BGB ist möglich, wenn dem anspruchstellenden Ehegatten keine ehebedingten Nachteile erwachsen sind und auch die Billigkeit keinen unbefristeten und in der Höhe unbeschränkten Unterhalt erfordert.
Ein Nachteil ist nur dann ehebedingt, wenn er Folge des Lebenszuschnitts der Ehegatten während der Ehe – also aufgrund der Rollenverteilung in der geschiedenen Ehe – entstanden ist (Kausalität). Maßgeblich ist dabei allein der Zeitraum zwischen der Heirat und der Zustellung des Scheidungsantrags (BGH NJW 2013, 1444; FamRZ 2012, 776).
Für die Frage der Billigkeit (nacheheliche Solidarität) sind u.a. folgende Gesichtspunkte von Bedeutung:
- Dauer der Ehe;
- die konkrete Entwicklung bereits während Ehe und Trennungszeit;
- die Dauer und Höhe der bisherigen Unterhaltszahlungen;
- die gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche Situation der beiden Eheleute (zur Behandlung eines noch zu zahlenden Zugewinnausgleichs BGH, Urt. v. 12.1.2011 – XII ZR 83/08, NJW 2011, 670 m. Anm. Born = FamRZ 2011, 454 m. Anm. Finke = FuR 2011, 295; s.a. OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.11.2011 – 17...