1. "Kleine" BRAO-Novelle
Zahlreiche Änderungen im Berufsrecht hat das Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 12.5.2017 (BGBl I, S. 1121) mit sich gebracht. Von einem großen Wurf kann gleichwohl nicht die Rede sein. Der Gesetzgeber hat nicht nur das anwaltliche Gesellschaftsrecht (dazu III.) von vornherein ausgeklammert, sondern auch nicht den Mut gehabt, die ursprünglichen Pläne zur anwaltlichen Fortbildungspflicht umzusetzen. So fehlt der Satzungsversammlung der BRAK künftig weiterhin die Kompetenz, die allgemeine anwaltliche Fortbildungspflicht (§ 43a Abs. 6 BRAO) zu konkretisieren. Ebenfalls nicht Gesetz geworden ist das Vorhaben, alle neu zugelassenen Rechtsanwälte zu verpflichten, innerhalb eines Jahres nach ihrer Zulassung eine zehnstündige Fortbildung im anwaltlichen Berufsrecht nachzuweisen. Vielmehr beschränkt sich das in Kraft getretene Gesetz auf die Regelung einer Vielzahl minderbedeutender Einzelfragen und wird daher nicht zu Unrecht zum "Reförmchen" herabgewürdigt (vgl. zum Ganzen näher Deckenbrock NJW 2017, 1425; Offermann-Burckart AnwBl 2017, 513).
Nunmehr können Rechtsanwälte neben ihrer (Zulassungs-)Kanzlei nicht nur Zweigstellen, sondern auch sog. weitere Kanzleien unterhalten (§ 27 Abs. 2 BRAO n.F.). Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass sie gegenüber der Zulassungskanzlei eigenständig sind, während eine Zweigstelle von ihr abhängig und an diese angegliedert ist. Von dieser Änderung erhofft sich der Gesetzgeber eine höhere Transparenz der anwaltlichen Berufsausübung. Die Handakte, die jetzt elektronisch geführt werden kann, muss künftig grundsätzlich für sechs Jahre aufbewahrt werden, wobei die Frist erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Auftrag beendet wurde (vgl. § 50 BRAO n.F.). Zudem ermächtigt § 59b Abs. 2 Nr. 8 BRAO n.F. die Satzungsversammlung der BRAK zu einer näheren Regelung der Zustellung von Anwalt zu Anwalt; die Satzungsversammlung hat diese Kompetenz bereits am 19.5.2017 genutzt und eine Anpassung des § 14 BORA verabschiedet, die noch in diesem Jahr in Kraft treten dürfte. § 64 Abs. 1 BRAO n.F. ermöglicht erstmalig eine Briefwahl des Kammervorstands, wohingegen § 46a Abs. 4 BRAO n.F. die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Syndikusanwälte auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung bei der Rechtsanwaltskammer vorverlegt. Das RDG enthält seit der Novelle eine Definition seines räumlichen Anwendungsbereichs; wird eine Rechtsdienstleistung ausschließlich aus einem anderen Staat heraus erbracht, gilt dieses Gesetz nur, wenn ihr Gegenstand deutsches Recht ist (§ 1 Abs. 2 RDG n.F.). Inkassodienstleister, Rentenberater und Rechtsdienstleister in einem ausländischen Recht haben von nun an die Möglichkeit, sich auch nur für einen Teilbereich registrieren zu lassen (§ 10 Abs. 1 S. 2 RDG n.F.; z.B. Rentenberater für betriebliche Altersvorsorge).
2. Schutz von Geheimnissen bei Outsourcing
In Kürze wird das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen (BT-Drucks 18/11936 i.V.m. 18/12940) in Kraft treten. Es hat als eines der letzten Gesetzesvorhaben der laufenden Legislaturperiode den Bundestag am 29.6.2017 erfolgreich passiert, muss aber am 22.9.2017 noch den Bundesrat durchlaufen. Mit dem Gesetz wird der straf- und berufsrechtliche Schutz von Geheimnissen, die im Rahmen des Outsourcing bestimmter Dienstleistungen dritten Personen anvertraut oder sonst beruflich bekannt geworden sind (etwa bei der Einrichtung, dem Betrieb, der Wartung und der Anpassung der informationstechnischen Anlagen, Anwendungen und Systeme), eindeutig verankert. Das Gesetz stellt durch eine Ergänzung des § 203 StGB sicher, dass künftig das Offenbaren von geschützten Geheimnissen gegenüber Personen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken, nicht als strafbares Handeln zu qualifizieren ist, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der mitwirkenden Personen erforderlich ist. Die damit verbundene Verringerung des Geheimnisschutzes wird dadurch kompensiert, dass die mitwirkenden Personen im Gegenzug in die Strafbarkeit nach § 203 StGB einbezogen werden. Flankierend dazu wurden die strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechte erweitert (vgl. zu Einzelheiten Grupp AnwBl 2017, 507).