1. Anspruchsvoraussetzungen
a) Anspruchsberechtigung
Der Urlaubsanspruch nach § 1 BUrlG setzt voraus, dass der Anspruchsinhaber Arbeitnehmer im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes ist. Dies sind gem. § 2 S. 1 BUrlG „Arbeiter und Angestellte“ sowie die zu ihrer Ausbildung Beschäftigten. Mit dem Begriff der Arbeiter und Angestellten wird der Begriff des Arbeitnehmers indes nicht definiert. Vielmehr gilt die allgemeine Arbeitnehmerdefinition (vgl. § 611a Abs. 1 BGB). Daneben steht gem. § 2 S. 2 BUrlG auch arbeitnehmerähnlichen Personen ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch zu; ausgenommen hiervon sind nach § 2 S. 2 Hs. 2 BUrlG Heimarbeiter, die zwar auch arbeitnehmerähnliche Personen sind, für die der Gesetzgeber aber eine Spezialregelung in § 12 BUrlG getroffen hat.
Hinweis:
Da der Urlaub auf Freistellung von der höchstpersönlich zu erbringenden Arbeitsleistung gerichtet ist, ist der Urlaubsanspruch nicht vererblich (BAG NZA 2012, 326; zur Vererblichkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs s. unten II. 9. a).
b) Erfüllung der Wartezeit
Der volle Urlaubsanspruch wird erst nach einem sechsmonatigen Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben, § 4 BUrlG. Die Wartezeit beginnt regelmäßig mit dem Tag der vereinbarten Arbeitsaufnahme und berechnet sich nach den §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB. Mit Ablauf der Wartezeit entsteht der volle Urlaubsanspruch für das gesamte Urlaubsjahr und nicht etwa nur für die bis dahin abgelaufenen sechs Monate. Das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nicht von einem im Einzelfall festzustellenden „Erholungsbedürfnis“ des Arbeitnehmers abhängig. Der Urlaubsanspruch entsteht daher auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitet (BAG NZA 2012, 1216, 1217). Aus § 13 Abs. 1 BUrlG folgt, dass die Wartezeit nur tarifvertraglich zuungunsten der Arbeitnehmer verlängert werden kann.
c) Teilurlaub vor Ablauf der Wartezeit
Vor Ablauf der Wartezeit kann dem Arbeitnehmer unter den besonderen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. a oder lit. b BUrlG nur ein Anspruch auf Teilurlaub zustehen. Danach hat der Arbeitnehmer Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses:
für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt.
Das ist der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers am 1.7. eines Kalenderjahres oder später beginnt. In diesem Fall kann die sechsmonatige Wartezeit bis zum Ablauf des Kalenderjahres nicht mehr erfüllt werden.
wenn er vor Erfüllung der Wartezeit ausscheidet.
Das ist der Fall, wenn bereits absehbar ist, dass das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Wartezeit enden (z.B. aufgrund einer Befristung) oder das unbefristete Arbeitsverhältnis innerhalb der Probe-/Wartezeit vorzeitig beendet wird.
d) Entstehungszeitpunkt
Der erstmalige volle Urlaubsanspruch entsteht nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit. Danach entsteht der volle Urlaubsanspruch immer am jeweiligen Jahresbeginn (vgl. BAG AP BUrlG § 3 Rechtsmissbrauch Nr. 17).
e) Fälligkeit
Die Fälligkeit des Urlaubsanspruchs richtet sich mangels anderweitiger Regelung nach § 271 Abs. 1 BGB. Der Arbeitnehmer kann seinen Urlaubsanspruch daher sofort nach seinem Entstehen verlangen. Im ersten Beschäftigungsjahr kann der Arbeitnehmer seinen vollen Urlaubsanspruch also nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit verlangen. Ist die Wartezeit abgelaufen, kann der Arbeitnehmer in allen folgenden Kalenderjahren den für das jeweilige Kalenderjahr entstehenden Urlaubsanspruch am 1. Arbeitstag des jeweiligen Kalenderjahres geltend machen (ErfK/Gallner, 17. Aufl. 2017, § 1 BUrlG Rn 21). Erwirbt der Arbeitnehmer einen Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 lit. a BUrlG, weil er in seinem 1. Beschäftigungsjahr bis zum Ablauf des Kalenderjahres die sechsmonatige Wartezeit nicht mehr erfüllen kann, wird der Teilurlaubsanspruch mit Ablauf des ersten vollen Monats des Bestehens des Arbeitsverhältnisses fällig.
2. Ausschluss von Doppelansprüchen nach Arbeitgeberwechsel
Um nach einem Arbeitgeberwechsel doppelte Urlaubsansprüche in einem Kalenderjahr auszuschließen, bestimmt § 6 Abs. 1 BUrlG, dass ein Urlaubsanspruch nicht besteht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Es genügt allerdings nicht, dass dem Arbeitnehmer gegen den früheren Arbeitgeber nur ein Anspruch auf Urlaub zustand (BAG NZA 2015, 827, 830). § 6 Abs. 1 BUrlG enthält eine negative Anspruchsvoraussetzung.
Hinweis:
Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Es obliegt zunächst dem Arbeitnehmer vorzutragen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen vorsieht, nicht vorliegen. Bestreitet der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers (ggf. mit Nichtwissen), hat der Arbeitnehmer seine Darlegungen zu substantiieren. Stellt der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers in Abrede, hat der Arbeitnehmer für seine Angaben Beweis anzubieten. Neben anderen Beweismitteln kommt insbesondere die Urlaubsbescheinigung gem. § 6 Abs. 2 BUrlG, die der alte Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer unaufgefordert auszustellen hat, in Betracht. Legt der Ar...