Der VIII. Senat hatte in der Vergangenheit durch einen sehr weit gefassten Leitsatz zumindest für erhebliche Missverständnisse, was die Kündigung wegen sog. Betriebsbedarfs angeht, gesorgt (BGH GE 2012, 1631 = WuM 2012, 684 = NZM 2013, 22 = NJW 2013, 225 = ZMR 2013, 107 = MietPrax-AK § 573 BGB Nr. 43 m. Anm. Börstinghaus; Schach MietRB 2013, 2; Blank WuM 2013, 47; Both jurisPR-MietR 2/2013 Anm. 2; Drasdo NJW-Spezial 2013, 34; Wiek WuM 2013, 271). Damals hatte der Vermieter eine weitere Wohnung in dem Haus, in dem er mit seiner Frau lebte, gekündigt, damit dort seine Frau eine Anwaltskanzlei betreiben konnte. Diese Entscheidung wurde von der Praxis so verstanden, dass der Betriebsbedarf regelmäßig zu einer Kündigung nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB berechtigt. Das wurde in der Literatur kritisiert (Blank WuM 2013, 47; Both jurisPR-MietR 2/2013 Anm. 2; Wiek WuM 2013, 271).
Nunmehr hat der Senat (BGH GE 2017, 653 = WuM 2017, 333 = NZM 2017, 405 = MietPrax-AK § 573 BGB Nr. 65 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus jurisPR-BGH-ZivilR 11/2017 Anm. 3; Hinz NZM 2017, 412), wie er selbst schreibt, versucht, diese Missverständnisse seiner Rechtsprechung durch die Untergerichte auszuräumen, wobei dies durchaus auch als "Rechtsprechungsänderung" (so die Überschrift des Urteilsabdrucks in NZM 2017, 405) verstanden wird, was der Senat aber selbst ausdrücklich bestreitet. Nach dem sehr allgemeinen Leitsatz der Entscheidung aus dem Jahre 2012 hat der Senat jetzt acht Leitsätze formuliert, die alleine schon fast die Länge eines amtsgerichtlichen Urteils haben. Damit wollte er wohl weitere Missverständnisse für die Zukunft vermeiden. Im konkreten Fall hatte eine Vermieterin eine sehr kleine Wohnung gekündigt, weil ihr Mann, der im gleichen Haus einer selbstständigen Tätigkeit nachging, dort Akten lagern wollte. Das war weder Eigenbedarf noch rechtfertigte es eine Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung. Eine Verwertungskündigung setze voraus, dass der Vermieter durch das bestehende Wohnraummietverhältnis an einer wirtschaftlichen Verwertung "des Grundstücks", also an einer Realisierung des diesem innewohnenden materiellen Werts gehindert sei. Eine solche Verwertung geschehe durch einen Verkauf oder eine Vermietung des Grundstücks. Die Vermietung sollte hier aber nicht der Erzielung eines höheren Ertrags dienen, sondern dem Betrieb des Ehemanns zugute kommen. In Betracht kam also allenfalls eine Kündigung nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB.
Ob ein (frei-)beruflicher oder gewerblicher Bedarf eine Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB rechtfertigt, lasse sich nicht allgemein beantworten. Es müsse in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob der Vermieter ein "berechtigtes Interesse" an der Kündigung habe. Dabei sei zu beachten, dass sowohl die Rechtsposition des Vermieters als auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützt seien. Wie diese Interessen zu gewichten seien, könne aus § 573 Abs. 2 BGB abgeleitet werden. Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB reicht der Nutzungswunsch des Vermieters alleine aus, wenn er die Wohnung zu Wohnzwecken nutzen will. Geht es dagegen um eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks gem. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, erlaubt das Gesetz eine Kündigung nur bei erheblichen Nachteilen für den Vermieter. Das Interesse des Vermieters, die vermietete Wohnung zu (frei-)beruflichen oder gewerblichen Zwecken selbst zu nutzen, ist von der Interessenlage her zwischen den genannten typisierten Regeltatbeständen anzusiedeln. Es müsse deshalb jedesmal festgestellt werden, ob der konkrete Betriebsbedarf einen etwas größeren personalen Bezug habe oder näher an einer Verwertungskündigung zu sehen sei. Im letzteren Fall müssten dem Vermieter erhebliche Nachteile drohen. Und genau diese hat der Senat bei der vorliegenden Fallgestaltung verneint; ein solcher Nachteil von einigem Gewicht sei vorliegend nicht ansatzweise zu erkennen. Durch eine Auslagerung eines größeren Teils des Aktenbestands in andere, etwas entfernter gelegene Räumlichkeiten sei keine wirtschaftliche Einbuße von einigem Gewicht oder ein die Organisation des Unternehmers erheblich beeinträchtigender Nachteil erkennbar.