Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass bei einer grob pflichtwidrigen Katalogtat die Erforderlichkeit und Angemessenheit des Fahrverbots vermutet wird. Fehlt es hieran im Einzelfall, ist nach § 4 Abs. 4 BKatV vom Fahrverbot unter angemessener Erhöhung der Geldbuße abzusehen, wobei allerdings darauf zu achten ist, dass das Höchstmaß des gesetzlichen Bußgeldrahmens nicht überschritten werden darf (vgl. z.B. OLG Düsseldorf DAR 1996, 413 m.w.N.). Bei der Entscheidung über das Absehen haben eine Vielzahl von Einzelkriterien Bedeutung. Dabei spielen im Rahmen der Erforderlichkeit tatbezogene Umstände eine Rolle, während es bei der Angemessenheit allein auf die persönlichen Folgen beim Betroffenen ankommt.
In der Regel ist es nach h.M. ausreichend, dass "erhebliche Härten" oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher oder durchschnittlicher Umstände vorliegen (BGHSt 38, 125 [s.o.]; OLG Rostock VRS 101, 380; OLG Hamm NZV 2003, 398; Beschl. v. 19.1.2010, 2 (6) Ss OWi 987/09). Etwas anderes gilt bei einer Verurteilung nach § 24a StVG. Hier kommt wegen der anderen Formulierung im Gesetz ein Absehen vom Fahrverbot nur bei Vorliegen einer "Härte ganz außergewöhnlicher Art" oder "außergewöhnlicher Umstände" in Betracht (vgl. z.B. OLG Bamberg DAR 2009, 39 = VRR 2009, 33; OLG Braunschweig DAR 1996, 28; OLG Hamm VRS 101, 298 = DAR 2002, 324 m.w.N.; DAR 2008, 652 = VRR 2008, 434).
Hinweise:
Da i.d.R. die persönlichen Umstände des Betroffenen, die ggf. zum Absehen vom Fahrverbot führen können, nicht auf der Hand liegen und daher dem Gericht nicht bekannt sind, muss der Verteidiger dazu vortragen. Die entsprechende Aufklärungspflicht und die damit korrespondierende Begründungspflicht des Gerichts hängen von der entsprechenden Einlassung des Betroffenen ab. Ohne diese Einlassung hat das Gericht keinen Anlass und auch keine Beweismittel dafür, dass das Fahrverbot den Betroffenen unangemessen belasten würde. Deshalb muss sich der Betroffene einlassen und muss alles vortragen, was aus seiner persönlichen Sicht gegen die Anordnung eines Fahrverbots spricht (s. die Fallgestaltung bei OLG Bamberg VRR 2013, 310 = NZV 2014, 98).
Der erforderliche Vortrag muss auch bereits beim AG erfolgen. In der Regel ist es zu spät, erst beim Rechtsbeschwerdegericht zur Erforderlichkeit und Angemessenheit des Fahrverbots vorzutragen bzw. Stellung zu nehmen.