Bei der Frage nach der Angemessenheit des Fahrverbots ist allgemein auf Folgendes zu achten: In der heutigen Zeit stellt angesichts der hohen Abhängigkeit vom Auto auch ein nur einmonatiges Fahrverbot für den davon Betroffenen stets eine Härte dar. Darauf beruht ja gerade der mit dieser Maßnahme bezweckte "Denkzetteleffekt". Das bedeutet, dass bei der Prüfung der konkreten Angemessenheit des Fahrverbots all die Folgen außer Betracht bleiben müssen, die normalerweise mit dem Fahrverbot verbunden sind (vgl. z.B. OLG Hamm DAR 1995, 374 = VRS 90, 146; VRS 90, 210; NZV 2001, 355; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 88). Das sind zumutbare Härten, die alle Betroffenen, gegen die ein Fahrverbot verhängt wird, hinzunehmen haben. Typische und somit zumutbare Folgen des Fahrverbots sind die damit i.d.R. verbundenen Unannehmlichkeiten, wie etwa der Zeitverlust, der durch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entsteht (OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 22; 1996, 119 f.; AG Lüdinghausen NZV 2012, 603 = VRR 2012, 478), und zwar auch dann, wenn der Betroffene als Wochenendheimfahrer auf den Pkw angewiesen ist oder als Geschäftsreisender nicht jeden Abend nach Hause kommen kann (zum Bundeswehrsoldaten AG Dortmund, Urt. v. 25.8.2017 – 729 OWi-267 Js 1323/17-211/17). Ebenfalls ist der bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bzw. Taxen entstehende finanzielle Mehraufwand grundsätzlich zumutbar (OLG Hamm DAR 1995, 374, 375 = VRS 90, 146; ähnlich BayObLG NZV 2002, 144). Etwas anderes kann nur gelten, wenn dieser Aufwand angesichts des geringen Einkommens des Betroffenen wirtschaftlich sinnlos (BayObLG NZV 1991, 401, 402) oder der Aufwand so hoch ist, dass er deshalb nicht zumutbar wäre (OLG Hamm VRS 95, 138).
In diesem Zusammenhang hat dann § 25a StVG und die dort eingeführte 4-Monats-Frist Bedeutung. Diese am 1.3.1998 neu in das StVG aufgenommene Vorschrift ist vom Gesetzgeber gerade auch geschaffen worden, um wirtschaftliche Nachteile, die einem Betroffenen durch die Verhängung eines Fahrverbots entstehen können, abzumildern, indem nämlich der Betroffene den Zeitraum, in dem das Fahrverbot wirksam sein soll, in gewissen Grenzen frei wählen kann. Das führt nach Auffassung der Rechtsprechung (BayObLG DAR 1999, 559; OLG Hamm DAR 1999, 84 = VRS 96, 231 = NZV 1999, 214; NZV 200, 355; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001, 214; NStZ-RR 2002, 88) dazu, dass bei der Frage, ob und inwieweit wirtschaftliche Nachteile bei der Prüfung der Angemessenheit und Vertretbarkeit eines Fahrverbots überhaupt (noch) von Belang sind, ein noch strengerer Maßstab als in der Vergangenheit anzulegen ist. Der Betroffene wird sich aber kaum darauf verweisen lassen müssen, dass er das Fahrverbot während eines Krankenhausaufenthalts hätte vollstrecken lassen können (s. aber wohl AG Landstuhl DAR 2015, 415 = VRR 7/2015, 15 m. Anm. Deutscher).
Hinweis:
Spätestens ab Zustellung des Bußgeldbescheids muss sich der Betroffene auf die Vollstreckung eines angedrohten Fahrverbots einrichten (OLG Karlsruhe VRS 88, 476; OLG Köln VRS 88, 392; weitergehend OLG Hamm DAR 2008, 652).