Bei Selbstständigen und Freiberuflern ist von einem Fahrverbot abzusehen, wenn hierdurch eine ernsthafte Gefahr für den Fortbestand des Unternehmens bzw. Betriebs begründet würde (Burhoff/Deutscher, OWi, Rn 1349 ff., m.w.N.; Ludovisy/Eggert/Burhoff/Burhoff, a.a.O., § 5 Rn 198 ff. m.w.N.). Das gilt aber nur, wenn diese Gefahr nicht mit zumutbaren Maßnahmen anderweitig abgewendet werden kann. Das ist insbesondere bei Kleinbetrieben der Fall, wenn der Betriebsinhaber selbst betriebsbedingt auf die Fahrzeugbenutzung angewiesen ist und er keinen Angestellten mit Fahrerlaubnis hat oder sich die Einstellung eines Fahrers auch für die nur relativ kurze Zeit des Fahrverbots finanziell nicht leisten kann (OLG Hamm DAR 1999, 178 = VRS 96, 291 = NZV 1999, 301). Eine Existenzgefährdung angenommen bzw. nicht ausgeschlossen worden ist z.B. bei einer Baufirma mit nur zwei Mitarbeitern und zwei Fahrzeugen, die der Betroffene selbst fahren muss (OLG Hamm DAR 1999, 178 = NZV 1999, 301; ähnlich AG Offenbach zfs 2001, 431; AG Bersenbrück NZV 2003, 152 = zfs 2003, 97).

Bei Rechtsanwälten oder anderen Freiberuflern genügen die allgemeinen beruflichen Unannehmlichkeiten als Folge des Fahrverbots ebenfalls nicht für ein Absehen (OLG Hamm NZV 2001, 438; Beschl. v. 1.7.2003 – 4 Ss OWi 385/03 und v. 20.7.2006 – 3 Ss OWi 325/06; s. auch Burhoff/Deutscher, OWi, Rn 1364 f.). Die Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung von auswärtigen Terminen sind regelmäßig durch andere Maßnahmen abzuwenden (OLG Hamm NZV 1996, 247, 248 = VRS 91, 205 = DAR 1996, 416), so durch Bestellen des Mandanten in die Kanzlei, durch Vertretung durch einen anderen Sozius, durch Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, durch Urlaub oder durch Einstellung eines Fahrers (s. aber AG Potsdam NJW 2002, 3342; AG Duderstadt zfs 2001, 519).

 

Hinweis:

Die Existenzgefährdung sollte auf jeden Fall durch Vorlage entsprechender Urkunden usw. glaubhaft gemacht werden (AG Dortmund, Urt. v. 4.7.2017 – 729 OWi-265 Js 968/17-173/17; zur Aufklärungspflicht des AG s. KG SVR 2015, 353; OLG Bamberg zfs 2016, 290; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.7.2015 – 1 RBs 200/14; OLG Karlsruhe VA 2016, 49; OLG Zweibrücken zfs 2016, 294).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?