Die Frage, welche Bedeutung eine Mietsicherheit nach Mietvertragsende noch hat, ist bekanntlich strittig. Der BGH hatte entschieden, dass die Mietsicherheit während des Bestands des Mietverhältnisses eine reine Sicherungsfunktion hat (BGH WuM 2014, 418 = GE 2014, 866 = MDR 2014, 704 = ZMR 2014, 619 = NJW 2014, 2496 = NZM 2014, 551 = MietPrax-AK § 551 BGB Nr. 16 m. Anm. Börstinghaus; Drasdo NJW-Spezial 2014, 449; Schach MietRB 2014, 226; Riecke ZMR 2014, 620). Deshalb darf der Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses eine Mietsicherheit wegen streitiger Forderungen gegen den Mieter nicht verwerten. Aus dem BGH war damals schon zu vernehmen, dass dies nach Beendigung des Mietverhältnisses ähnlich zu sehen ist (Milger WImmoT 2014, 7, 15 unter Verweis auf Emmerich, in: Staudinger, § 551 BGB Rn 31). Nach einer anderen Auffassung in der Literatur ändert sich die Funktion der Mietsicherheit nach Mietvertragsende in eine Befriedigungsfunktion. Bedeutung hat dies für die Frage, ob der Vermieter nach Mietvertragsende die Mietsicherheit auch für bestrittene Forderungen verwenden darf. Das hat das AG Dortmund (ZAP EN-Nr. 248/2018 = WuM 2018, 204) jetzt mit nicht rechtkräftigem Urteil verneint. Anders sei die Insolvenzsicherheit der Mietsicherheit nicht zu gewährleisten. Daraus folgt unter Mieterschutzgesichtspunkten, dass dem Vermieter ein Zugriff auf die Kaution auch nach Ende des Mietvertrags insofern verboten ist. Der Mieter kann dies sogar im einstweiligen Rechtschutzverfahren verhindern (LG Berlin WuM 2017, 527).
Praxishinweis:
Das bedeutet für die anwaltliche Praxis, dass zunächst Klarheit über Gegenforderungen wie z.B. Betriebskostennachzahlungen, Schadensersatzansprüche oder Mietrückstände wegen Minderung erzielt werden muss. Wenn die Parteien sich nicht einigen, muss der Vermieter ggf. gegenüber einer – verfrüht – erhobenen Kautionsrückzahlungsklage Widerklage bzgl. der vermeintlichen Gegenansprüche entweder als Feststellungsklage, wenn sie niedriger als die Kautionsforderung sind, oder als – darüber hinausgehende – Zahlungsklage erheben. Dann muss über die Widerklage vorab durch Teilurteil entschieden werden und dann über die Kautionsrückzahlungsklage durch Schlussurteil. Anderenfalls ist die Kautionsrückzahlungsklage als zzt. nicht fällig abzuweisen. Gegebenenfalls kann auch der Mieter vorab negative Feststellungsklage hinsichtlich der Ansprüche, deren der Vermieter sich nach Mietvertragsende berühmt, erheben.
Im Übrigen hatte schon der BGH darauf hingewiesen, dass der Kautionsrückzahlungsanspruch erst fällig wird, wenn dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf (BGHZ 141, 160, 162, BGH NJW 2006, 1422; BGH NJW 2016, 3231 = MietPrax-AK § 551 BGB Nr. 18 m. Anm. Börstinghaus; dazu ders. jurisPR-BGHZivilR 17/2016 Anm. 4; Ludley NZM 2016, 764; Beyer jurisPR-MietR 22/2016 Anm. 3; Burbulla MietRB 2016, 311; Drasdo NJW-Spezial 2016, 675; Staake LMK 2016, 384205; so auch Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 551 BGB Rn 95). Eine 6-Monatsfrist, wie häufig behauptet, gibt es nicht (so auch AG Dortmund, Urt. v. 19.6.2018 – 425 C 376/18).