Der BGH (NJW 1993, 1656 = MDR 1993, 541) fordert auch in reinen Wohngebieten von den Nachbarn eine erhöhte Toleranz gegenüber Lärm als Begleiterscheinung kindlichen und jugendlichen Freizeitverhaltens, als sie generell in reinen Wohngebieten üblich ist.
Auf dieser Linie liegt auch eine Entscheidung des BayVGH (Urt. v. 21.12.1994 – 22 B 93.2343 = Lärmbekämpfung 1995, 145). Danach ist Kinderlärm, der in einem allgemeinen Wohngebiet von einem Kinderspielplatz ausgeht, dem Nachbarn unabhängig davon zumutbar, ob der den Nachbarn "wesentlich" i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB beeinträchtigt oder die Richtwerte für Wohngebiete nach der TA-Lärm (vom 16.7.1968 – Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 137 vom 26.7.1968) erheblich übersteigt. Daher ist der Betreiber eines Spielplatzes nicht verpflichtet, Maßnahmen zur Schallminderung zu ergreifen, auch wenn dies ohne besonderen Aufwand möglich wäre. Abweichendes gilt nur, wenn der Betreiber den Spielplatz rücksichtslos in einer Weise gestaltet, dass die Interessen der Nachbarn willkürlich missachtet werden. Dies liegt nach Auffassung des Gerichts nur vor, wenn der Betreiber für die konkrete Gestaltung überhaupt keine Begründung anführen kann. Immerhin noch auf Zumutbarkeitsgesichtspunkte stellt das OVG Berlin ab (GE 1994, 860). Sofern dies dem Nachbarn noch zumutbar sei, könne der Eigentümer grds. einen Spielplatz dort anlegen, wo es ihm angemessen erscheine.
§ 22 Abs. 1a BImSchG nimmt Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätze und ähnliche Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätze von dieser Wertung aus: Lärm, der dort durch Kinder hervorgerufen wird, ist im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden. Diese Wertung kann auch bauplanungsrechtlich über den Gebietserhaltungsanspruch nicht umgangen werden. Denn Kindertagesstätten sind auch im reinen Wohngebiet zulässig (VGH Hessen, Beschl. v. 25.2.2017 – 3 B 107/17, NZM 2018, 255 = DWW 2017, 231).
Besonders einzugehen ist auf Kinderlärm innerhalb eines Mehrfamilienhauses. Wenn auch hier durchgängig ein erhöhtes Maß an Toleranz von den Nachbarn/Mitmietern gefordert wird, so beschränkt sich doch das Maß auf Kinderlärm in sozial adäquater Form. Das betrifft die Ruhezeiten genauso wie die Art des produzierten Lärms. So müssen Nachbarn den von einer Familie mit kleinen Kindern ausgehenden Lärm nicht grenzenlos hinnehmen, wenn Frequenz, Lautstärke und die Zeiten der Lärmentfaltung nicht mehr im Zusammenhang mit einer adäquaten Wohnnutzung oder einer hinzunehmenden lebhaften Lebensäußerung von Kindern stehen (AG München, Urt. v. 4.5.2017 – 281 C 17481/16, ZMR 2018, 456; BGH, Beschl. v. 22.8.2017 – VIII ZR 226/16, ZMR 2018, 19; BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII ZR 197/14, juris; zu den Grenzen der Toleranz ggü. Kinderlärm im Mehrfamilienhaus: Nierhauve, ZMR 2018, 298).