Eine wichtige Entscheidung zur Einkommensbesteuerung bei Auflösung einer Anwaltssozietät hat kürzlich der BFH gefällt. Danach setzt die begünstigte Besteuerung eines durch eine echte Realteilung einer Sozietät ausgelösten Aufgabegewinns gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen freiberuflichen Tätigkeit unmittelbar und nicht erst später aufgibt.
Hieran fehlt es – wie im entschiedenen Fall – jedoch, wenn der Rechtsanwalt den ihm im Rahmen der Realteilung zugewiesenen Mandantenstamm zunächst weiter verwertet, indem dieser wie geplant auf eine GbR, an der der Steuerpflichtige beteiligt ist, übergeht und der Anwalt dann in einem zweiten Schritt gegen Abfindung aus dieser GbR ausscheidet. Dass der Betroffene im Ergebnis die freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis zeitnah eingestellt hat, genügt laut BFH in diesem Fall nicht für die Gewährung der Tarifbegünstigung im Einkommensteuerrecht (BFH, Urt. v. 15.1.2019 – VIII R 24/15).
In dem entschiedenen Fall war der Kläger Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät, die in mehreren Großstädten Standorte unterhalten hatte. Die Sozietät wurde im Jahr 2001 durch Realteilung aufgelöst, was zu einer Betriebsaufgabe führte. Ihr Vermögen wurde auf Nachfolgegesellschaften, die die Partner der einzelnen Standorte gegründet hatten, übertragen. Auch der Kläger wurde zunächst Gesellschafter einer solchen Nachfolgegesellschaft, schied jedoch sofort nach deren Gründung gegen Zahlung einer Abfindung aus dieser Gesellschaft aus. Er war der Meinung, der im Zusammenhang mit der Auflösung der Sozietät entstandene anteilige Aufgabegewinn sei tarifbegünstigt zu besteuern, da er wirtschaftlich betrachtet aus der Sozietät ausgeschieden sei. Daneben habe er auf Ebene der Nachfolgegesellschaft einen Veräußerungsverlust erlitten.
Dem folgte der BFH nicht. Die höchsten deutschen Finanzrichter stellten keine wirtschaftliche, sondern eine rein formale Betrachtung der Vorgänge an. Danach liegen die Voraussetzungen einer Tarifbegünstigung gem. §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 4, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG hier nicht vor. Die Tarifbegünstigung setze nämlich im Fall einer Betriebsaufgabe durch Realteilung voraus, dass die anteiligen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit des Realteilers in der Sozietät aufgegeben werden. Hieran fehle es, wenn der Kläger die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner beruflichen Tätigkeit in der Sozietät in Gestalt des anteiligen Mandantenstamms erst mit seinem Ausscheiden aus der Nachfolgegesellschaft endgültig aus der Hand gebe.
[Quelle: BFH]