Eine für viele überraschende Verschärfung des Verbots des Erfolgshonorars hat kürzlich der I. Zivilsenat des BGH vorgenommen. Ein solcher Verstoß kann nach UWG abgemahnt werden, entschieden die Richter (BGH, Urt. v. 6.6.2019 – I ZR 67/18). Die Entscheidung betrifft zwar die Honorarvereinbarung eines Versicherungsberaters, der Senat zieht jedoch ausdrücklich eine Parallele zum Recht der Rechtsanwälte, so dass auch die Gebührenrechtler bereits auf die neue Entscheidung hingewiesen haben.
Eigentlich hatte sich die Anwaltschaft, was das Thema Erfolgshonorar angeht, bereits seit Jahren auf eine Liberalisierung eingerichtet. Nach dem Beschluss des BVerfG v. 12.12.2006 (1 BvR 2576/04) und nachfolgend der Änderung in § 4a RVG folgten weitere Lockerungen, u.a. im Rechtsberatungsgesetz, wo das Erfolgshonorar für Inkassounternehmen und einige spezielle Rechtsberater freigegeben wurde. Im Jahr 2014 machte der IX. Zivilsenat des BGH einen weiteren Schritt, indem er eine anwaltliche Erfolgshonorarvereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen in eine wirksame Vergütungsvereinbarung umdeutete (IX ZR 127/12).
Nun allerdings lag dem für das Wettbewerbsrecht zuständigen I. Zivilsenat ein Fall vor, in dem es um das Erfolgshonorar eines Versicherungsberaters ging. Der hatte damit geworben, dass er eine kostenlose Beratung anbiete; der Kunde müsste nur im Erfolgsfall zahlen, nämlich wenn die neue Versicherung zu einer Ersparnis führe. Weil der I. Senat jedoch die Beratungstätigkeit der Versicherungsberater der der Rechtsanwälte für ähnlich ansieht, will er ihnen ebenfalls keine Erfolgshonorare erlauben. Zudem deuteten die Richter das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars nach § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO als Marktverhaltensregel, was dazu führt, dass Konkurrenten einen Verstoß nach UWG abmahnen können.
Das war – nach den oben beschriebenen Liberalisierungsschritten der vergangenen Jahre – in Teilen der anwaltlichen Vergütungsliteratur anders gesehen worden. Die Formvorschriften des RVG seien kein Fall mehr für das UWG, hieß es dort. Diese Auffassung muss nun aber revidiert werden, lautete es in ersten Kommentaren zum neuen Urteil. In Zukunft könnten auch wirksame, aber die Formvorschriften etwa des § 4a Abs. 1 und Abs. 2 RVG missachtende Vereinbarungen abgemahnt werden. Abmahnungen unter Anwaltskanzleien könnten deshalb in Zukunft dort wieder zunehmen, wo mit Honorarvereinbarungen geworben wird.
[Red.]
ZAP F., S. 829–834