a) Karrieresprung

In einem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall (FamRZ 2020, 93) waren die für die Höhe des Unterhalts maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse zu prüfen.

Vorliegend erfuhr der unterhaltspflichtige Ehemann nach Trennung eine mit einem Wohnungswechsel in die Schweiz verbundene Beförderung und eine Einkommenssteigerung neben einer Aufwandsentschädigung von monatlich brutto 9.000 CHF auf 12.000 CHF. Das OLG folgte den zu § 1578 Abs. 1 BGB entwickelten Maßstäben (vgl. BGH FamRZ 2012, 281 und 2016, 199; OLG Brandenburg FuR 2020, 158 m. Anm. Viefhues). Grundsätzlich ist abzustellen auf die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse. Bis zur Rechtskraft der Scheidung nehmen beide Ehegatten teil an den Veränderungen der Einkommensverhältnisse. Die Veränderungen nach Trennung sind jedoch dann außer Betracht zu lassen, wenn sie auf einer nach der Trennung eingetretenen, unerwarteten und vom Normalfall erheblich abweichenden Entwicklung beruhen (sog. Karrieresprung). Wann eine solche die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägende Entwicklung vorliegt, ist eine Einzelfallentscheidung des Tatrichters und bedarf einer Gesamtwürdigung. Die Höhe der Einkommenssteigerung ist ein starkes Indiz für einen Karrieresprung. Entscheidend gegen eine zum Trennungszeitpunkt unvorhersehbare und nicht im ehelichen Zusammenleben angelegte Entwicklung spricht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Trennung und beruflichem Aufstieg, der darauf schließen lässt, dass der Einkommensanstieg Folge einer jahrelangen erfolgreichen Tätigkeit für den Arbeitgeber ist. Vorliegend hat das OLG die Überzeugung gewonnen, dass die Grundlagen in der Zeit des Zusammenlebens gelegt wurden.

b) Kein Zusammenleben erforderlich

Der BGH (FamRZ 2020, 918 m. Anm. Witt = NJW 2020, 1674 m. Anm. Borth = MDR 2020, 607 = FamRB 2020, 213 m. Hinw. Roessink) hat seine umstrittene Auffassung (vgl. BGH FamRZ, 1994, 558; so auch OLG Frankfurt FamRZ 2020, 753; a.A. OLG Celle FamRZ 1990, 519; OLG Hamburg 2002, 753) bestätigt, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt weder voraussetzt, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind, noch, dass sie zusammengelebt oder gemeinsam gewirtschaftet haben. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebensdispositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist. Getrennt leben die Ehegatten nach § 1567 Abs. 1 BGB, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Ehegatten vorher zusammengelebt haben oder es zur Abhängigkeit der Lebensdispositionen beider Ehegatten gekommen ist. Es gibt keine nur formell bestehende Ehe mit anderen als den gesetzlichen Rechten und Pflichten. Ein Trennungsunterhalt scheitert auch nicht an fehlenden Bemessungsgrundlagen, da für die Bemessung ein objektiver Maßstab anzulegen ist und sie sich in erster Linie nach dem verfügbaren Einkommen beider Parteien richtet. Im Durchschnittsfall ist daher mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die tatsächliche Lebensgestaltung während der Ehe objektiv vernünftigen Maßstäben entspricht.

Eine Verwirkung i.R.v. § 1579 BGB kommt allenfalls in Betracht, wenn von Anfang an keine Absicht bestanden hat, eine eheliche Gemeinschaft aufzunehmen.

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