1. Bedarf und Bedürftigkeit
a) Volljähriges Kind
Das OLG Frankfurt (FamRZ 2020, 580 m. Anm. Schürmann) hat in einer Entscheidung zum Unterhalt aus übergegangenem Recht die Grundsätze für die Bemessung des Unterhalts eines volljährigen Kindes erläutert (§§ 1601 ff., 1610 BGB).
Einem volljährigen Kind, das sich nicht in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, steht ein Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern nur dann zu, wenn es nicht in der Lage ist, seinen Unterhaltsbedarf durch eigene Mittel, insb. durch eigenes Erwerbseinkommen zu decken. Bei volljährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben, leitet sich der Bedarf von den Einkommensverhältnissen beider Elternteile ab und wird auf der Grundlage der Düsseldorfer Tabelle berechnet.
Hat es eine eigene Lebensstellung erlangt, ist diese maßgebend, auch dann, wenn sie nicht durch eine Berufsausbildung, sondern durch die längere Ausübung einer ungelernten Tätigkeit begründet worden ist.
Weitere Voraussetzung des Anspruchs ist die Bedürftigkeit. An die Beurteilung der Bedürftigkeit eines nicht in Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes sind strenge Anforderungen zu stellen.
Das Kind muss, wenn es gesundheitlich dazu in der in der Lage ist, jede Arbeitsmöglichkeit ausnutzen. An die Nutzung seiner Arbeitskraft sind vergleichbare Maßstäbe anzulegen wie bei der Erwerbsobliegenheit von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern.
Für seinen Bedarf und seine Bedürftigkeit trägt das Kind die volle Darlegungs- und Beweislast. Für die’Darlegung einer gesundheitlichen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit genügt die Berufung auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB XII. Nach Auffassung des OLG verbleibt dem Kind jedoch die’Beweislast, dass es nicht zur Ausübung einer Arbeitstätigkeit bis zu drei Stunden täglich in der Lage ist.
b) Kein Mehrbedarf des minderjährigen Kindes
- Im Anschluss an den BGH (FamRZ 2018, 681) hat das OLG Frankfurt (FamRZ 2020, 584) betont, dass der Aufwand für die private Krankenversicherung eines minderjährigen Kindes für dieses keinen Mehrbedarf darstellt, sondern zu den vom barunterhaltspflichtigen Elternteil zu tragenden laufenden Elementarkosten gehört.
- Auch die laufenden Kosten einer Nachmittagsbetreuung sind nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt (FamRZ 2020, 584 im Anschluss an BGH FamRZ 2018, 23) kein Mehrbedarf, soweit die Notwendigkeit einer besonderen pädagogisch orientierten Betreuung nicht gegeben ist. Sie sind daher von dem Elternteil allein zu tragen, in dessen Obhut sich das Kind befindet.
2. Auskunftsplicht des volljährigen Kindes
Das volljährige unterhaltsbegehrende Kind ist gegenüber dem in Anspruch genommenen barunterhaltspflichtigen Elternteil gem. § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB hinsichtlich seiner Bedürftigkeit auskunftspflichtig. Die Auskunftsverpflichtung erfasst seine Einkünfte und sein Vermögen. Zu seinem Vermögen zählt auch ein Anspruch auf Barunterhalt gegen den anderen Elternteil, in dessen Haushalt das volljährige Kind lebt. Zur Darlegung dieses Anspruchs gehören die Angaben über die Einkünfte und das Vermögen dieses Elternteils. Das OLG Düsseldorf (FamRZ 2020, 494 m. Anm. Borth = FuR 2020, 300 m. Hinw. Viefhues) stellt klar, dass sich die geschuldete Auskunft auch auf die Höhe des Anspruchs auf Familienunterhalt erstreckt, der dem wieder verheirateten Elternteil gegen seinen Ehegatten zusteht.
Die Auskunftspflicht ist gem. §§ 1605 Abs. 1 S. 1, 260, 261 BGB durch die Vorlage einer in sich geschlossenen, schriftlichen Aufstellung der erforderlichen Angaben zu erfüllen, die dem Berechtigten ohne übermäßigen Arbeitsaufwand ermöglicht, den Unterhaltsanspruch zu berechnen (vgl. BGH FamRZ 2015, 127).
Hinweis:
Zwischen dem Kind und dem Ehegatten des unterhaltspflichtigen Elternteils bestehen keine Auskunftspflichten.
Der BGH (FamRZ 2014, 1440) hat auch einen Auskunftsanspruch zwischen den beiden dem volljährigen Kind anteilsmäßig unterhaltspflichtigen Elternteilen bejaht.
3. Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen
a) Wohnwert
Auch bei der Bemessung des für den Kindesunterhalt maßgeblichen unterhaltsrelevanten Einkommens sind nach der o.a. Entscheidung des OLG Frankfurt (FamRZ 2020, 584) die vom BGH zur Berücksichtigung des Wohnwerts beim Ehegattenunterhalt entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen, solange der Mindestunterhalt gesichert ist.
Hinweis:
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. FamRZ 2017, 519) sind neben den laufenden Zinsaufwendungen auch die Tilgungsraten bis zur Höhe des Wohnwerts zu berücksichtigen.
b) Fahrtkosten zur Arbeitsstelle
Grundsätzlich mindert sich das unterhaltsrelevante Einkommen durch die Fahrtkosten des Unterhaltspflichtigen zum Arbeitsplatz. Das OLG Brandenburg (FamRZ 2020, 422 im Anschluss an BGH FamRZ 1989, 483) weist jedoch darauf hin, dass es bei der Beurteilung der Abzugsfähigkeit stets auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse aller Beteiligten ankommt.
Dem Unterhaltspflichtigen ist es i.d.R. zuzumuten, kostengünstigere öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen, wenn die Kosten der Benutzung eines eigenen Pkw einen so großen Teil des Einkommens aufzehren, dass er keinen ausreichenden Unterhalt mehr zahlen kann.
c) Konkurrenz gleichrangiger Ansprüche
- Maßgeblichkeit der rechtlichen Abstammung
Zu den i.R.d. Leistungsfähigkeit gem. § 1603...