1. Umgangsverpflichtung
Nach § 1684 Abs. 1 hat das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Die Vorschrift trägt der den Eltern durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG auferlegten Verantwortung für ihre Kinder Rechnung.
Das BVerfG (FamRZ 2022, 794 m. Anm. Hammer; vgl. BVerfG, FamRZ 2008, 845) hat den Umfang der Umgangsverpflichtung erläutert und erneut klargestellt, dass es einem Elternteil grds. auch unter Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitssphäre zumutbar ist, zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient. Ein Umgang mit dem Kind, der nur mit Zwangsmitteln gegen seinen umgangsunwilligen Elternteil durchgesetzt werden kann, dient i.d.R. nicht dem Kindeswohl. Bei der Vollstreckung einer gerichtlich angeordneten Regelung des Umgangs ist aber zu unterscheiden, ob der Elternteil jeglichen Umgang ablehnt oder ob er den Umgang nur in geringerem Umfang wahrnehmen möchte als gerichtlich festgelegt. Bei der nach § 89 Abs. 2 FamFG ins Ermessen des Gerichtes stehenden Vollstreckung der Umgangsregelung ist daher zu prüfen, ob der durch Vollstreckung erzwungene Umgang im konkreten Fall dem Kindeswohl dient.
2. Vollstreckungsfähige Umgangsregelung
Können sich getrennt lebende Eltern nicht über den Umgang zwischen den Kindern und dem nichtsorgeberechtigten Elternteil einigen, so kann das Familiengericht gem. § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung regeln. Es hat sonach den Umgang entweder für eine bestimmte Dauer ausdrücklich auszuschießen oder seine Ausübung im Einzelnen zu regeln. Das OLG Celle (FamRZ 2022, 611 m. Anm. Götz) betont, dass der Umgang durch das Familiengericht von ihm selbst in konkreter und vollstreckungsfähiger Weise vollständig geregelt werden muss und die Regelung nicht Dritten überlassen werden darf (vgl. BVerfG FamRZ 2009, 1472). Dies kann nach Auffassung des OLG nicht dadurch umgangen werden, dass bei einer Kindeswohlgefährdung das elterliche Sorgerecht hinsichtlich des Umgangsbestimmungsrechts entzogen und ein Ergänzungspfleger zur Regelung des Umgangs bestellt wird.
3. Umgangspflegschaft und -begleitung
a) Pflegschaft
Wird die Pflicht dauerhaft oder wiederholt verletzt, alles zu unterlassen, was das Verhältnis zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert, kann das Familiengericht nach § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen. Es ist umstritten, ob eine Umgangspflegschaft auch dann angeordnet werden kann, wenn allein der Umgangsberechtigte gegen seine Wohlverhaltenspflicht verstößt und nicht auch derjenige, in dessen Obhut sich das Kind befindet (ablehnend wohl BGH, FamRZ 2019, 199). Das OLG Hamm (FamRZ 2022, 620 m. Anm. Hammer) bejaht die Frage und weist darauf hin, dass nach dem Gesetzeswortlaut es nicht darauf ankommt, ob die Pflichtverletzung durch den umgangsberechtigten oder den pflichtigen Elternteil begangen wird.
Es gebe durchaus besondere Sachlagen, in denen auch bei einseitigem Fehlverhalten des Umgangsberechtigten eine Pflegschaft erforderlich sei, um einen kindeswohlgerechten Umgangskontakt zu ermöglichen, ohne dass hierdurch in die Rechte der sich pflichtgemäß verhaltenen Obhutsperson eingegriffen wird. Zur Regelung der Umgangskontakte ist stets ein Ausgleich der Interessen der Obhutsperson, des umgangsberechtigten Elternteils und des Kindes herbeizuführen.
b) Begleitung
Soweit es zum Wohl des Kindes erforderlich ist, kann das Familiengericht gem. § 1684 Abs. 4 BGB das Umgangsrecht einschränken und insb. anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt (FamRZ 2016, 178) geht das OLG Hamm (FamRZ 2022, 620) davon aus, dass auch im Wege der Umgangspflegschaft eine Begleitung der Kontakte zum Schutz des Kindes erfolgen kann.
4. Verfahren für Anordnung und Änderung
a) Erstmalige Anordnung
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, FamRZ 2020, 255) hat das OLG Frankfurt (FamRZ 202, 614 m. Anm. Hammer) entschieden, dass auch die erstmalige Anordnung eines Wechselmodells nicht in einem Sorgerechtsverfahren, sondern nur in Rahmen eines Umgangsverfahrens erfolgen kann, wenn zwischen den Eltern lediglich die Frage streitig ist, in welchem zeitlichen Umfang und zu welchen konkreten Zeiten das gemeinsame Kind durch den Vater betreut werden soll. Bei der Festlegung eines bestimmten Betreuungsmodells handelt es sich um eine Frage der tatsächlichen Ausübung der elterlichen Sorge, während § 1771 Abs. 1 BGB auf eine Sorgerechtszuweisung zielt. Der Gesetzgeber hat ersichtlich auch bei einer Vermehrung oder Verminderung der Betreuungszeiten keine unterschiedliche Einordnung gewollt.
b) Änderung des Wechselmodells
In Fortführung seiner Rechtsprechung (vgl. BGH FamRZ 2017, 532; 2020, 255) hat der BGH (FamRZ 2022, 601 m. Anm. Hammer; MDR 2022, 437; NJW 2022, 1533) klargestellt, dass die Abänderung eines in einem Umgangsrechtsverfahren vereinbarten Wechselmodells nur in einem solchen Verfahren und nicht in einem Sorgerechtsverfahren erreicht werden kann. Dem § 1696 BGB ist zu entnehmen, dass sich Abä...