1. Schenkung der Schwiegereltern
Nach ständiger Rechtsprechung des Familiensenates des BGH (vgl. BGH, FamRZ 2010, 958; 2015, 490; abweichend der X. ZS des BGH, FamRZ 2019, 1595 bei einer Schenkung an das nicht verheiratete "Schwiegerkind") kann der dauerhafte Bestand der Ehe von Kind und Schwiegerkind Geschäftsgrundlage einer Schenkung der Schwiegereltern an das Schwiegerkind sein. Beim Scheitern der Ehe führt dann der Wegfall der Grundlage regelmäßig zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung und zu Ausgleichsansprüchen (§ 313 Abs. 1 BGB).
Deren Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls insb. nach der Dauer der Ehe. Das OLG Frankfurt (FamRZ 2022, 775 m. Anm. Wever) erläutert, dass eine Vertragsanpassung voraussetzt, dass dem Zuwendenden unter Berücksichtigung insb. der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Im entschiedenen Fall hat das OLG einen Wegfall der Geschäftsgrundlage für eine Immobilienschenkung bei Scheidung der Ehegatten verneint, weil den Schwiegereltern ein dinglich gesichertes lebenslanges Wohnrecht und ein Widerrufsrecht mit Rückauflassungsvormerkung im Falle der Veräußerung, Belastung oder Vermietung ohne ihre Zustimmung zustanden.
Hinweis:
Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2 BGB wegen Zweckverfehlung kommt in Betracht, wenn der dauerhafte Bestand der Ehe als Zweckvereinbarung mit beiderseitiger Willensübereinstimmung getroffen worden ist.
2. Unterrichtung über vermögensrechtliche Belange
Nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen für einander Verantwortung. Aus dieser Vorschrift wird allgemein ein Anspruch auf Unterrichtung über vermögensrechtliche Belange hergeleitet. Ein Ehegatte ist nach § 1553 Abs. 2 BGB nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft zu leisten, wenn die Ehe gescheitert ist.
Jeder Ehegatte kann gem. §§ 1386, 1385 Nr. 4 BGB die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen, wenn der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert oder sich ohne ausreichenden Grund bis zur Stellung des Antrags auf Auskunft beharrlich geweigert hat, ihn über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.
In einem Rechtsstreit über die vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft hat der BGH (FamRZ 2022, 593 m. Anm. Koch; MDR 2022, 439; NJW 2022, 944; vgl. BGH, FamRZ 2012, 1785; 2015, 32) wiederholt, dass der Unterrichtungsanspruch entsprechend § 1353 Abs. 2 BGB mit dem Scheitern der Ehe endet, der Anspruch nicht an die in § 1379 Abs. 2 BGB geregelte Verpflichtung zur Erteilung von Auskunft über das Trennungsvermögen anknüpft. Der eherechtliche Unterrichtungsanspruch soll dem Ehegatten, der die Gemeinschaft erhalten will, die notwendigen Informationen über die wirtschaftlichen Grundlagen der Ehe verschaffen.
Der Begriff des Scheiterns der Ehe in § 1353 Abs. 2 BGB entspricht demjenigen des § 1565 Abs. 1 BGB. Ob die Ehe gescheitert ist, muss als tatsächliche Prognose unter Würdigung aller Umstände entschieden werden, sofern nicht bereits die gesetzliche Zerrüttungsvermutung des § 1566 BGB eingreift. Leben die Ehegatten getrennt, rechtfertigt der Nichtablauf des Trennungsjahres für sich genommen noch nicht den Schluss, dass die Ehe noch nicht endgültig gescheitert sei und der Unterrichtungsanspruch weiterhin geltend gemacht werden könne.
Hinweis:
Der Schuldner des Unterrichtungsanspruchs ist für die Umstände, aus denen auf das Scheitern der Ehe geschlossen werden soll, darlegungs- und beweispflichtig.
3. Ausgleich bei Oder-Konto
Bei einem Oder-Konto sind die Ehegatten gegenüber der Bank Gesamtgläubiger i.S.v. § 428 BGB. Das Innenverhältnis beurteilt sich nach § 430 BGB. Die Ehegatten sind an dem jeweiligen Kontostand des Gemeinschaftskontos regelmäßig zu gleichen Teilen berechtigt. Das OLG Brandenburg (FamRZ 2022, 857) führt aus, dass während intakter Ehe im Allgemeinen von einem Verzicht auf Ausgleich für Kontenabhebungen, die die Hälfte übersteigen, auszugehen ist (vgl. BGH, FamRZ 1990, 370; 1993, 413). Ein Ausgleichsanspruch besteht jedoch bei Kontenabhebungen auch während des ehelichen Zusammenlebens, wenn die Verwendung der Gelder einen Missbrauch des der Kontoerrichtung zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses darstellt.
Aus dem Wesen der ehelichen Lebensgemeinschaft folgt nicht, dass ein Ehegatte jederzeit und nach freiem Belieben zur Befriedigung eigennütziger Interessen Abhebungen in unbeschränkter Höhe machen darf. Bei nach Scheitern der Ehe und Trennung der Ehegatten vorgenommenen übermäßigen Abhebungen kann nicht mehr von einem Ausgleichsverzicht ausgegangen werden. Entnimmt ein Ehegatte im Zusammenhang mit der Trennung mehr als die Hälfte des Oder-Kontoguthabens besteht regelmäßig ein Ausgleichsanspruch des anderen Ehegatten. Es ist gem. §§ 428, 430 BGB eine Ausgleichszahlung zu leisten.
von RiAG a.D. Kurt Stollenwerk, Bergisch Gladbach
ZAP F. 11 R, S. 839–854