1. Wertermittlung von Grundstücken
Die Auswahl des Wertermittlungsverfahrens steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, NJW 1972, 1269), wobei zur Ermittlung des maßgeblichen Verkehrswertes von Immobilien unterschiedliche Methoden herangezogen werden können. In Betracht kommt insb. eine Kombination des Vergleichswert-, Sachwert- und Ertragswertverfahrens. Nach einer Entscheidung des OLG Brandenburg (FamRZ 2022, 858) kann zur Bewertung eines Grundstückes grds. auf die Immobilienwertverordnung zurückgegriffen werden. Hierbei handelt es sich zwar um eine Vorschrift, die für die Bewertung von Grundstücken zum Zwecke der Enteignung gem. § 193 BauGB geschaffen wurde. Ihre Bewertungsgrundsätze können jedoch auch für den Zugewinnausgleich herangezogen werden. Allerdings ist der Sachverständige nicht an diese Verordnung gebunden.
2. Geschäftsanteil an Partnerschaft als Vermögensgegenstand
Der BGH (FamRB 2022, 210 m. Hinw. Stockmann; NJW 2022, 1255 m. Anm. Born) legt dar, dass ein Geschäftsanteil an einer Partnerschaft (hier Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern) als Vermögenswert unzweifelhaft dem Zugewinnausgleich unterliegt. Die Werthaltigkeit der Beteiligung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie nicht veräußerbar ist. Ein Goodwill wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er seitens der Gesellschaft beim Ausscheiden eines Partners nicht entschädigt oder vergütet wird. Der ausscheidende Partner ist im Regelfall nicht gehindert, seine Mandanten auch in einer neuen Partnerschaft zu betreuen. Der Umstand, dass die Unternehmensbeteiligung nicht frei verfügbar ist, wirkt sich lediglich beim Zugewinn wertmindernd aus. Es besteht daher auch keine Ausnahme von der Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB.
3. Steuererstattung und Vorfälligkeitsentschädigung
In einem Zugewinnausgleichsverfahren hat sich der BGH (FamRZ 2022, 425 m. Anm. Bergschneider; MDR 2022, 246; FamRB 2022, 127 m. Hinw. Hauß; NJW 2022, 1177; FuR 2022, 217 m. Hinw. Soyka) mit der Berücksichtigung eines Steuererstattungsanspruchs im Anfangsvermögen und einer Vorfälligkeitsentschädigung im Endvermögen befasst. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass Geldforderungen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs mit ihrem Nennwert aufzunehmen sind. Dies folgt aus dem im Zugewinnausgleich gem. § 1373 ff. BGB geltenden Stichtagsprinzip, das der Berücksichtigung erst künftig eintretender Umstände grds. entgegensteht. Der BGH legt dar, dass aus der Rechtsprechung zur latenten Steuerlast, die bei der Bewertung von Unternehmen wertmindernd ins Gewicht fällt, keine Folgerungen für die Berücksichtigung nach dem Stichtag anfallender Einkommensteuer oder der Vorfälligkeitsentschädigung hergeleitet werden können. Für die Berücksichtigung einer Steuerschuld oder eines Steuererstattungsanspruchs ist der Zeitpunkt des Entstehens, für die Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung der Zeitpunkt des Anfalls maßgebend.
Die Einkommensteuer entsteht erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG), also nach Ablauf des Kalenderjahres.
Da im entschiedenen Fall die Ehe am 31.12. geschlossen wurde, damit vor Ablauf des Jahres, war die Steuererstattung beim Anfangsvermögen nicht zu berücksichtigen. Entsprechend ist eine nach dem Endstichtag anfallende Vorfälligkeitsentschädigung bei der Beendigung des Güterstandes genauso wenig zu berücksichtigen wie es Zinsbelastungen sind, die bei einem Darlehensvaluta erst nach dem Stichtag eintreten. Auch wenn die Eheschließung nur wenige Stunden vor dem Entstehen des Steuerrückerstattungsanspruchs lag, hat der BGH die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1381 BGB verneint. Nach dieser Vorschrift kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falls grob unbillig wäre. Dass die Gewährung des Ausgleichsanspruchs infolge des Stichtagsprinzips dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde sei nicht ersichtlich, zumal der Ehemann durch die Eheschließung am 31.12. für das gesamte ablaufende Steuerjahr den Splittingvorteil erhalten hat.
4. Zuordnung einer Abfindungszahlung
Ob eine Abfindungszahlung aus einem aufgelösten Arbeitsverhältnis dem Unterhalt oder dem Zugewinn zuzuordnen ist, hängt nach einer Entscheidung des OLG Saarbrücken (FamRZ 2022, 860 m. Anm. Borth) von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei das Verbot der Doppelverwertung zu beachten ist. Die Abfindung ist als Einkommen unterhaltsrechtlich zu qualifizieren, wenn ihr vorwiegend Lohnersatzfunktion für die Überbrückung von Zeiten verminderten Erwerbseinkommens zukommt (vgl. BGH, FamRZ 2012, 1040). Hat die Abfindung Entschädigungscharakter für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit einhergehenden Besitzstandes, gehört sie zum Vermögen. Sie ist als Vermögensposition im Endvermögen beim Zugewinn zu berücksichtigen, soweit sie zum maßgebenden Stichtag des § 1384 BGB noch als Kapitalbetrag vorhanden ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der Kapitalbetrag nicht aufgrund des Einsatzes für den Ehegattenunterhalt dem Doppelverwertungsverbot unterliegt, weil der Unterhaltspflichtige aufgrund einer stichtags...