1. Zweckrichtung
Das OLG Koblenz (FamRZ 2023, 294 m. Anm. Witt = FuR 2023, 341 m. Hinw. Mühl) hat die Frage erörtert, inwieweit bei der Regelung des Umgangs auf die Arbeitszeiten des betreuenden Elternteils Rücksicht zu nehmen ist. Hierbei ist zu beachten, dass nach §§ 1684, 1697a BGB das Kindeswohl den einzigen Maßstab bildet.
Zweck des Umgangs ist es nicht, dem betreuenden Elternteil die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Vielmehr hat der betreuende Elternteil Umfang und zeitliche Lage seiner Erwerbstätigkeit an dem Betreuungsbedürfnis des Kindes auszurichten. Damit einhergehende wirtschaftliche Folgen sind ggf. unterhaltsrechtlich auszugleichen.
2. Umgangsausschluss
Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG gewährleisteten Umgangsrechts ist nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwenden. Entsprechend kann nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs für längere Zeit angeordnet werden, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das BVerfG (FamRZ 2023, 525 = FuR 2023, 293 m. Hinw. Soyka) mahnt erneut an, dass in der Entscheidung die dem Kind drohenden Schäden ihrer Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit nach konkret zu benennen sind. Je gewichtiger der zu erwartende Schaden für das Kind oder je weitreichender mit einer Beeinträchtigung des Kindeswohls zu rechnen ist, desto geringere Anforderungen müssen an den Grad der Wahrscheinlichkeit gestellt werden, mit der auf eine drohende oder erfolgte Verletzung geschlossen werden kann, und desto weniger belastbar muss die Tatsachengrundlage sein, von der auf die Gefährdung des Kindeswohls geschlossen wird.
3. Wechselmodell und Aufenthaltsbestimmung
Der BGH hat in einer Entscheidung zum Wechselmodell (BGH, FamRZ 2020, 255) an der strikten Trennung von Sorge- und Umgangsrecht festgehalten und betont, dass mit der Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht notwendiger Weise eine Entscheidung für ein Residenzmodell verbunden sei. Es sei denkbar, einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht dann zu übertragen, wenn dieser eine zuverlässigere Durchführung eines Wechselmodells eher gewährleiste als der andere Elternteil.
a) Betreuungsaufteilung
In Fortführung der Rechtsprechung des BGH hat das OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2023, 289 m. Anm. Schwonberg = FamRB 2023, 58 m. Hinw. Clausius) in einem Streit gemeinsam sorgeberechtigter Eltern über die Aufteilung der Betreuungszeiten ihres Kindes ausgeführt, das einer umgangsrechtlichen Entscheidung über den Fortbestand des Wechselmodells oder der künftigen Betreuungsaufteilung nach § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB der Vorrang gegenüber der Aufhebung des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrechts nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 gebührt.
b) Unzulässigkeit einer bloßen Zurückweisung
Wie sich aus § 1684 BGB ergibt, hat das Familiengericht bei einem Streit über das Umgangsrecht die Ausübung der Umgangsbefugnis konkret zu regeln oder, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist, das Umgangsrecht einzuschränken.
Wird von einem Elternteil bei einem fehlenden vollstreckungsfähigen Umgangstitel die Anordnung eines Wechselmodells beantragt und liegen hierfür die notwendigen Voraussetzungen nicht vor, darf das Gericht – wie das OLG Brandenburg (FuR 2023, 299 m. Hinw. Viefhues) klarstellt – nicht nur den Antrag zurückweisen, sondern muss eine andere konkrete Umgangsregelung anordnen; andernfalls liegt eine unzulässige Teilentscheidung vor. Es muss Klarheit darüber bestehen, in welcher Weise der grds. umgangsberechtigte Elternteil sein Recht wahrnehmen darf.