1. Grundrentenzuschlag
Im Anschluss an die zahlreichen Entscheidungen zum Grundrentenzuschlag (s. ZAP 2022, 145) haben das OLG Bamberg (FamRZ 2023, 125; 514; 516) und das OLG Nürnberg (FamRZ 2023, 126) die wesentlichsten Gesichtspunkte herausgestellt:
- Beim Grundrentenzuschlag aufgrund von Entgeltpunkten für langjährige Versicherte handelt es sich um ein gem. § 2 Abs. 1, Abs. 2 VersAusglG auszugleichendes gesondert auszuweisendes Anrecht mit einer eigenen Beurteilung und Tenorierung (so auch OLG Frankfurt a.M. FuR 2023, 238 m. Hinw. Breuers). Der BGH (FamRB 2023, 228 m. Hinw. Siede = FamRB 2023, 228) stellt klar, dass der Zuschlag an Entgeltpunkten auch dann im Wege der internen Teilung auszugleichen ist, wenn die Ehezeit vor dem 1.1.2021 geendet hat und der Ausgleichsberechtigte aufgrund der Höhe des von ihm zu erwartenden Einkommens voraussichtlich keine Versorgung aus dem ausgeglichenen Anrecht erhalten kann.
- Der Grundrentenzuschlag ist hinreichend verfestigt i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG. Der BGH (FamRZ 2023, 761 m. Beitrag Bachmann/Borth, FamRZ 2023, 750 = MDR 2023, 641 = NJW 2023, 1805) betont, dass Grundrentenpunkte auch in der Anwartschaftsphase im Wertausgleich bei der Scheidung regelmäßig ausgleichsreif sind.
- Eine fehlenden Ausgleichsreife wegen Unwirtschaftlichkeit liegt nur vor, wenn die Nichtteilhabe an dem zu übertragenden Anrechtsteil aus dem Grundrentenzuschlag zum Entscheidungszeitpunkt bereits wegen der Einkommensanrechnung feststeht oder sicher prognostiziert werden kann.
- Geringwertige Anrechte aus dem Grundrentenzuschlag können aufgrund des Halbteilungsgrundsatzes ausgeglichen werden, soweit keine wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit des zu übertragenden Anrechts vorliegt. Der BGH (FamRZ 2023, 764 = MDR 2023, 705 = FamRB 2023, 230 m. Hinw. Schwamb = NJW 2023, 1808) stellt klar, dass bei der Abänderung einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich ein Anrecht aus Grundrenten-Entgeltpunkten außer Betracht bleibt, wenn es nicht in der abzuändernden Entscheidung einbezogen war.
2. Ausgleichswert bei Rentenbezug
Bei der externen Teilung einer rückstellungsfinanzierten Deckungszusage haben die §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG entschieden, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte an der nachehezeitlichen Weiterentwicklung des Anrechts, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt, auch im Falle der externen Teilung teilhaben muss (BGH, FamRZ 2015, 1869). Im Anschluss hieran hat das OLG München (FamRZ 2023, 265 m. Anm. Bührer, FamRZ 2023, 435) entschieden, dass bei der Bestimmung des Ausgleichswerts in Form eines Kapitalwerts (§ 45 Abs. 1 VersAusglG), wenn die ausgleichpflichtige Person bereits Rentenleistungen aus dem auszugleichenden Anrecht bezieht und der Ausgleichswert im Entscheidungszeitpunkt einen höheren Wert aufweist als bei Ehezeitende, nicht nur die Zinsentwicklung, sondern auch die Wertsteigerung des Anrechts i.H.d. biometrischen Risikogewinne sowie aufgrund sonstiger allgemeiner Rechnungsfaktoren zu berücksichtigen ist.
3. Wahl der Zielversorgung
Bei der externen Teilung kann die ausgleichsberechtigte Person gem. § 15 VersAusglG wählen, ob ein für sie bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll. Das Wahlrecht ist im Verfahren zur Durchsetzung des Versorgungsausgleichs in der vom Gericht zu setzenden Frist auszuüben (§ 222 FamFG).
Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2023, 516) handelt es sich hierbei nicht um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Daher kann das Wahlrecht auch noch im Beschwerdeverfahren ausgeübt werden, wenn der Berechtigte in erster Instanz keinen Zielversorgungsträger ausgewählt hat, weil er die Durchführung der internen Teilung verlangt hat. Zweck der Fristsetzung ist es, für eine Verfahrensbeschleunigung zu sorgen.
4. Fehlerhafte Einbeziehung einer Lebensversicherung
Private Rentenversicherungen unterfallen nach Ausübung eines Kapitalwahlrechts nicht mehr dem Versorgungsausgleich, selbst wenn das Wahlrecht erst nach Ende der Ehezeit, aber vor der letzten tatrichterlichen Entscheidung ausgeübt worden ist. Es kommt lediglich ein güterrechtlicher Ausgleich in Betracht (vgl. BGH FamRZ 2012, 1039). Gleicht das Familiengericht trotz Ausübung des Wahlrechtsrechts fehlerhaft die Lebensversicherung i.R.d. internen Teilung aus, entfällt nach einem Beschluss des OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2023, 935 m. Anm. Born = FamRB 2023, 188 m. Hinw. Schwamb) mit der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nachträglich der Rechtsgrund für die ungekürzte Auszahlung des Kapitalbetrags in Höhe des Ausgleichswerts.
Mit der rechtswirksamen Anordnung der Teilung des Anrechts im Versorgungsausgleich tritt die Kürzung des Anrechts aus dem bestehenden Versicherungsrechtsverhältnis ein. Dem Versicherer der Begünstigten steht sonach ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. S. 2 BGB zu.
5. Im Wertausgleich übersehenes Anrecht
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH FamRZ 2014, 1614) kann ein in der Entscheidung über den Wertausgleich unberücksichtigt gebliebenes Anrecht später nur noch berücksichtigt werden, wenn es sich um eine bewusste Teilentscheidung handelt und der Mangel...