1. Zuweisung anlässlich der Scheidung
Ein Ehegatte kann gem. § 1568a Abs. 1 BGB anlässlich der Scheidung verlangen, dass der andere Ehegatte ihm die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kindern und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere oder wenn die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
Das OLG Brandenburg (FamRZ 2023, 262) stellt heraus, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist. Zu den beachtlichen Lebensverhältnissen zählen: Alter und Gesundheitszustand der Ehegatten, ob ein Ehegatte die Wohnung schon vor der Eheschließung bewohnt hat, ob er zum Ausbau der Wohnung Eigenleistungen erbracht hat, wer von ihnen leichter eine geeignete Ersatzwohnung finden kann, die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz und allgemein die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Gegebenenfalls ist auch die Aufnahme eines nahen pflegebedürftigen Angehörigen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich spielen Umstände, die zum Scheitern der Ehe geführt haben, keine Rolle, es sei denn, einem Ehegatten ist ein schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten vorzuwerfen.
2. Bleibender Begriff der Ehewohnung nach Umbau
Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte gem. § 1361b Abs. 1 BGB verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
In einer Auseinandersetzung der Ehegatten über die Zuweisung einzelner Räume der früheren Ehewohnung an die verbliebene Ehefrau war in einem zu entscheidenden Fall nur der Charakter dieser Räume als Ehewohnung streitig. Durch bauliche Maßnahmen vor der Trennung der Ehegatten waren einzelne Räume abgetrennt und einer anderen Wohnung zugeschlagen worden. Das OLG München (FamRZ 2023, 261 = FamRB 2023, 46 m. Hinw. Neumann) hat entschieden, dass der Charakter als Ehewohnung durch diese Baumaßnahmen nicht geändert wurde. Es habe hierdurch keine konkludente Entwidmung stattgefunden. Die Vorschrift des § 1361b BGB zeige, dass ein Anspruch auf Zuweisung der Nutzung der früheren Ehewohnung hinsichtlich der ganzen Wohnung bestehe, aber auch auf einen Teil der Wohnung beschränkt sein kann.
3. Teilungsversteigerung während der Trennungszeit
Der BGH (FamRZ 2023, 352 m. Anm. Giers = FuR 2023, 190 m. Hinw. Soyka = FamRB 2023, 91 m. Hinw. Kogel = NJW 2023, 515 m. Anm. Kogel) hat sich der überwiegenden Auffassung angeschlossen, dass die Teilungsversteigerung der ehelichen Wohnung während der Trennungszeit nicht absolut ausgeschlossen ist.
Der Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe und der grds. bis zur Rechtskraft der Scheidung fortbestehende Charakter der ehelichen Immobilie als Ehewohnung gebietet es nicht, eine Teilungsversteigerung der Ehewohnung in der Trennungszeit ohne eine Abwägung der beiderseitigen Interessen generell als unzulässig anzusehen. Die schutzwürdigen Belange des teilungsunwilligen Ehegatten werden durch ein Schrankensystem aus materiell-rechtlichen Einwendungen und vollstreckungsschützenden Vorschriften gewahrt. Im Drittwiderspruchsverfahren können Einwendungen nach §§ 1365, 1353 Abs. 1 S. 2, 242 BGB geltend gemacht werden. Handelt es sich beim Miteigentumsanteil an der Wohnung um das ganze Vermögen des widersprechenden Ehegatten, kommt § 1365 BGB zur Anwendung, da nach dieser Vorschrift über dieses Vermögen nur einvernehmlich verfügt werden kann. Nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Die gebotene Pflicht zur ehelichen Fürsorge und Rücksichtnahme führt zu einer Interessenabwägung.
Ein Ehegatte kann gem. § 180 Abs. 2 ZVG die Einstellung des Verfahrens für längstens sechs Monate und aus neuen Gründen wiederholt beantragen, wenn dies bei Abwägung der widerstreitenden Interessen angemessen erscheint. Schließlich kommt ein Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO in Betracht, wenn die Teilungsversteigerung unter Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
Hinweis:
Dem teilungsunwilligen Ehegatten obliegt es, triftige Gründe vorzutragen, die gegen die Teilung sprechen.