1. Betreuungsbedürfnis
Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 BGB).
a) Vorsorgevollmacht und Aufgaben des Bevollmächtigten
Der BGH hat erneut betont, dass es an der Erforderlichkeit fehlt, wenn die Angelegenheit des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden kann (BGH, FamRZ 2023, 309). Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grds. entgegen. Gleichwohl kann auch dann eine Betreuung erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen. Dies ist insb. der Fall, wenn der Bevollmächtigte mangels Befähigung oder wegen erheblicher Bedenken gegen seine Redlichkeit als ungeeignet erscheint. Der Vorsorgebevollmächtigte hat die notwendigen tatsächlichen Hilfen zu besorgen, nicht jedoch selbst zu leisten. Soweit in einer Vorsorgevollmacht keine anderweitigen Regelungen enthalten sind, berechtigt die Vorsorgevollmacht den Bevollmächtigten nur zur rechtlichen Vertretung, verpflichtet aber nicht zur persönlichen Betreuung des Vollmachtgebers.
b) Aufgabenbereich/Postangelegenheiten
Der BGH (MDR 2023, 776) stellt klar, dass das Erfordernis einer Betreuung sich nicht allein aus der subjektiven Unfähigkeit des Betroffenen ergeben kann, seine Angelegenheiten selbst regeln zu können. Wie dem § 1815 Abs. 1 BGB zu entnehmen ist, muss ein konkreter Bedarf für die Anordnung eines bestimmten Aufgabenbereichs hinzutreten. Ein Aufgabenbereich darf nach dieser Vorschrift nur angeordnet werden, wenn und so weit dessen rechtliche Wahrnehmung durch einen Betreuer erforderlich ist.
Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen.
Die Zulässigkeit einer Anordnung zur Entscheidung über Postangelegenheiten (§ 1815 Abs. 2 Nr. 6 BGB) erfordert zwei Voraussetzungen: Zum einen muss die Übertragung der Befugnis auf den Betreuer erforderlich sein, um die Erfüllung einer ihm übertragenen Betreuungsaufgabe in gebotener Weise zu ermöglichen; zum anderen, um eine erhebliche Gefährdung oder Beeinträchtigung von wesentlichen Rechtsgütern des Betroffenen zu beseitigen.
Hinweis:
Beides muss durch konkrete tatrichterliche Feststellungen belegt werden.
2. Umgangsregelungen
Nach § 1834 Abs. 1 BGB in der seit dem 1.1.2023 geltenden Fassung ist ein Betreuer nur dann zu einer Regelung des Umgangs des Betroffenen mit Wirkung für und gegen Dritte berechtigt, wenn dieser das wünscht oder wenn dies erforderlich ist, um eine konkrete und erhebliche Gefährdung abzuwenden.
Geht von dem Besucher des in einem Pflegeheim untergebrachten Betroffenen eine Gefährdung des Betroffenen aus, kann ein Hausverbot gerechtfertigt sein.
Das BVerfG (FamRZ 2023, 634 m. Anm. Schneider) weist darauf hin, dass ein Hausverbot gegen nahe Angehörige im Hinblick auf den Schutz der Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG nur aus triftigen Gründen und nach einer umfassenden Interessen- und Güterabwägung erlassen werden darf.
3. Kontrollbetreuung
Gemäß § 1896 Abs. 3 BGB kann als Aufgabenkreis einer Betreuung auch die Geltendmachung von Rechten des Betroffenen gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden.
a) Vorsorgevollmacht
Mit der sog. Kontrollbetreuung kann – wie der BGH (FamRZ 2023, 228 = NJW 2023, 365) ausführt – im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und ggf. die Vollmacht zu widerrufen.
Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung geschäftsunfähig war, hat das Gericht von Amts wegen aufzuklären und Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen nachzugehen.
b) Schadensersatzansprüche gegen den Bevollmächtigten
Der BGH (FamRZ 2023, 157 m. Anm. Schneider = MDR 2023, 42 = NJW 2023, 451) stellt klar, dass sich der Gegenstand der sog. Kontrollbetreuung nicht darin erschöpft, über die laufenden Geschäfte des Bevollmächtigten Auskunft zu verlangen, Weisungen zu erteilen und Rechenschaft einzufordern. Aufgabe des Kontrollbetreuers ist es vielmehr, im umfassenden Sinne diejenigen Rechte geltend zu machen, die der Betroffene selbst aufgrund einer bestehenden Beeinträchtigung nicht mehr gegenüber dem Bevollmächtigten verfolgen kann. Hierzu gehört es auch, etwaige Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegen den Bevollmächtigten aus einer schuldhaften Pflichtverletzung geltend zu machen. Erforderlich für die Einrichtung einer Kontrollbetreuung ist hierbei ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit von Ansprüchen und Rechten gegenüber dem Bevollmächtigten.
4. Unterbringung und ihre Verlängerung
Die nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB mögliche zivilrechtliche Unterbringung durch einen Betreuer wegen Selbstgefährdung des Betroffenen verlangt eine ernsthafte und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten. Der BGH (FamRZ 2023, 460 = MDR 2023, 367) betont erneut, dass es sich nicht um eine aktuelle, unmittelbar bevorstehende Gefahr handeln muss. Die notwendige ernsthafte und konkrete Gefahr setzt kein zielgerichtetes Verhalten des...