Im Rahmen von zwei Musterfeststellungsklagen hat der Bundesgerichtshof im Juli die Frage entschieden, wie der Referenzzins für Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen zu bestimmen ist. Damit dürfte nun eine alte Streitfrage zwischen zahlreichen betroffenen Prämiensparern und den Sparkassen entschieden sein (BGH, Urt. v. 9.7. 2024 – XI ZR 44/23, XI ZR 40/23).
Insbesondere in den 1990er und den 2000er Jahren hatten die Sparkassen ihren Kunden sog. Prämiensparverträge angeboten. Mit diesem Anlageprodukt erhielten die Anleger zusätzlich zu einem variablen Zins eine – zumeist nach Vertragslaufzeit gestaffelte – Prämie. Viele dieser Verträge enthielten zudem eine Klausel, die den Sparkassen einseitig das Recht einräumte, die zugesicherte Verzinsung nach Belieben zu ändern. Diese Zinsanpassungsklausel hatte der BGH jedoch bereits vor Jahren für unzulässig erklärt, weil den Richtern die Regelung zur Zinshöhe nicht transparent genug war und das einseitige Änderungsrecht die Sparer in unzulässiger Weise benachteiligt habe (vgl. u.a. Az. XI ZR 140/03, XI ZR 197/09, XI ZR 52/08). Allerdings war seither offen, wie die Zinsen für solche Prämiensparverträge stattdessen zu berechnen sind. Die Vorschläge reichten hier von der sog. Gleitzinsmethode über die Umlaufsrenditen von Hypothekenpfandbriefen bis hin zu den Umlaufsrenditen von Bundeswertpapieren verschiedener Laufzeiten.
Der Bundesgerichtshof hat sich – ebenso wie bereits die Oberlandesgerichte in der Vorinstanz – letzterem Vorschlag angeschlossen. Die Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren (Zeitreihe WU9554) genügten den Anforderungen, die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen seien, entschied der XI. Senat. Sie würden von einer unabhängigen Stelle, der Deutschen Bundesbank, nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt sowie in deren Monatsberichten regelmäßig veröffentlicht und begünstigten daher weder einseitig die Sparer noch die beklagten Sparkassen. Die Umlaufsrenditen von Bundesanleihen spiegelten zudem die jeweils aktuellen risikolosen Zinsen am Kapitalmarkt wider und würden in Ermangelung eines Ausfallrisikos keinen Risikoaufschlag beinhalten. Zudem kämen die Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahre der herangezogenen Umlaufsrenditen der typisierten Spardauer bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren hinreichend nahe.
In ihrer Entscheidung äußerten sich die Richter auch zur – hier oftmals relevanten – Verjährungsfrage. So waren die im Rahmen der Musterfeststellungsklage involvierten Verbraucherverbände der Auffassung, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst beginnt, wenn der betroffene Sparer weiß, dass die Klausel in seinem Vertrag unwirksam ist und zudem die Parameter für die Zinsanpassung feststehen. In vielen Fällen hätte hier also gem. § 199 Abs. 3 BGB die Höchstfrist von zehn Jahren ab Entstehung des Anspruchs gegolten. Dieser Auffassung widersprach der Senat jedoch: Die gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Verbraucher müsse sich gerade nicht auf die vorgenannten Punkte beziehen. Denn der Inhaber eines Anspruchs müsse keine rechtlich zutreffenden Schlüsse ziehen, damit der Lauf der Verjährung seines Anspruchs in Gang gesetzt werde.
[Quelle: BGH]