1. Ausgleichs- und Befreiungsansprüche außerhalb des Güterrechts
Sowohl bei Gesamtschulden als auch bei alleiniger Aufnahme eines Kredits durch einen Ehegatten kann nach Scheitern der Ehe der Anspruch des Ehegatten gegen den anderen bestehen, dass er sich an der Tilgung des Kredits im Innenverhältnis zu beteiligen hat.
Mit Scheitern der Ehe entfällt i.d.R. der Grund für eine von der hälftigen Ausgleichsregel des § 426 Abs. 1 BGB abweichende Gestaltung. Im Zweifel besteht dann kein Anlass mehr, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen (vgl. BGH FamRZ 1993, 676).
a) Ausgleich von Zins- und Tilgungsleistungen beim Zweikontenmodell
Der BGH (FamRZ 2015, 993 = MDR 205, 515 = FamRB 2015, 202 m. Hinw. Wever = ZAP EN-Nr. 504/2015) hatte die Frage zu klären, ob nach Trennung der Ehegatten eine Ausgleichpflicht eines Ehegatten für Zins- und Tilgungsleistungen bestand, die der andere Ehegatte im Rahmen des sog. Zweikontenmodells auf ein von ihm allein aufgenommene Darlehen zu Finanzierung des gemeinsamen Familienwohnheims erbracht hat. Der BGH rügte die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten durch stillschweigende Vereinbarung einen sonst möglichen Ausgleichsanspruch ausgeschlossen.
Er weist zum einen darauf hin, dass der Umstand, dass der leistende Ehegatte vereinbarungsgemäß aus steuerlichen Gründen die Darlehensverbindlichkeiten im Rahmen eines Zweikontenmodells als Passiva in seine Jahresabschlüsse einstellen konnte, nicht zwingend darauf schließen lässt, dass er die Finanzierungsleistungen allein zu tragen habe, da nur der Zinsanteil steuermindernd gelten gemacht werden konnte. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Ehegatten Miteigentümer des Wohngrundstückes waren und die Darlehen durch Belastungen auf beiden Miteigentumsanteilen gesichert waren.
b) Befreiung von Verbindlichkeiten nach Auftragsrecht
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH FamRZ 1989, 835) kann mangels besonderer Abreden das durch die Sicherung von Krediten zugunsten des anderen Ehegatten familienrechtlich begründete besondere Schuldverhältnis unter Heranziehung der Regeln des Auftragsrechts abgewickelt werden. Die Geltendmachung eines sich hieraus ergebenden Befreiungsanspruchs nach § 670 BGB unterliegt jedoch Einschränkungen, die sich als Nachwirkungen der Ehe sowie nach Treu und Glauben ergeben (BGH FamRZ 2015, 818 m. Anm. Wagner, FamRZ 2015, 996 = MDR 2015, 466 = FamRB 2015, 203 m. Hinw. Frank). So ist der beauftragte Ehegatte gehalten, den wirtschaftlichen Interessen des anderen Ehegatten in angemessener Weise Rechnung zu tragen, etwa dadurch, dass er diesem die Rückführung der Verbindlichkeiten im Rahmen eines vernünftigen, seine Möglichkeiten berücksichtigenden Tilgungsplans einräumt. Der die Sicherung stellende Ehegatte kann nach Scheitern der Ehe für die Sicherung neuer oder umgeschuldeter Kredite jedenfalls verlangen, dass der andere Ehegatte ihm einen Tilgungsplan vorlegt, der erkennen lässt, für welche Zwecke und für welche Zeit die Grundschulden auch unter Berücksichtigung seiner Interessen noch benötigt werden.
Hinweis:
Auf eine einseitig dem anderen Ehegatten überantwortete und ihm nicht offengelegte Planung der Tilgung muss sich der kündigungsberechtigte Ehegatte nicht einlassen.
2. Zugewinnausgleich
a) Bewertung von Schulden und Darlehensverpflichtungen
Entgegen der Regelung im "alten" Güterrecht ist gem. § 1374 Abs. 3 BGB ein negatives Anfangsvermögen in die Bilanz einzustellen. Nach Auffassung des OLG Naumburg (FamRZ 2015, 748 = FamRB 2015, 123 m. Hinw. Burschel) sind auch Schulden (mit ihrem Nominalwert) zu berücksichtigen, wenn der Schuldner in einem anschließenden Verbraucherinsolvenzverfahren eine Restschuldbefreiung erlangt hat, da auf den Stichtag abzustellen sei.
Dies zieht Kogel in seinem Aufsatz "Privatinsolvenz und Zugewinn" (FamRZ 2015, 715) in Zweifel. Die Bewertung sowohl von Vermögen als auch von Schulden habe nach ihrem wahren, wirklichen Wert zu erfolgen. Stehe der Schuldner unmittelbar vor der Insolvenz, seien die Forderungen nichts wert. Auch die weiteren Argumente des OLG hinsichtlich des Schutzes des Ehepartners, der die Privatinsolvenz beantragt, und der Gefahr eines doppelten Vermögensnachteils könnten nicht überzeugen.
Ähnliche Überlegungen stellt Kogel (FamRZ 2015, 545) hinsichtlich der BAföG-Darlehen an, die in der Praxis regelmäßig mit ihrem Nominalwert behandelt werden. Im Hinblick auf die verschiedenen Rückzahlungsverpflichtungen sei eine Überprüfung der wahren Höhe ratsam, wenn eine bestimmte Kürzung von Anfang an hinreichend sicher war.
Mit den "Verbindlichkeiten als Stiefkinder der Bewertung" (FuR 2015, 328) befasst sich Perleberg-Kölbel. Sie richtet den Blick insbesondere auf "unsichere Rechte" und bringt als Beispiel den Anspruch nach § 64 GmbHG.
b) Darlegungs- und Beweislast für Vermögenspositionen
Das OLG Hamburg (FamRZ 2015, 749 = ZAP EN-Nr. 62/2015) zeigt die Grundsätze für die Darlegungs- und Beweislast beim End- und Anfangsvermögen auf.
Sie liegt für das Endvermögen beider Ehegatten bei demjenigen Ehegatten, der den Zugewinnausgleich beansprucht. Dies gilt auch mit Blick auf die eigenen Negativtatsachen. Der Antragsteller muss neben der Höhe seiner Verbindlichkeiten auch beweisen, dass er nicht über Aktiva verfügt (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 1993, 192). Voraussetzung hierfür ist...