Ist ein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall nicht mehr fahrtauglich, stellen die bei dem Abschleppvorgang anfallenden Kosten i.d.R. einen ersatzfähigen Fahrzeugschaden dar. Bei der Prüfung dieser Schadensposition ist zum einen der vom BGH entwickelte Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, zum anderen die Umfrage des Verbands der Abschleppunternehmen (VBA) von besonderer Bedeutung.
1. Rechtliche Ausgangslage
Im Haftpflichtfall ist unter Beachtung der Vorgaben des BGH, die insbesondere zu den Prozessen der (vergleichbaren) Bestimmung der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten erfolgt sind, zwischen dem erst einmal selber vom Geschädigten verfolgten Anspruch und demjenigen des Abschleppunternehmens aus abgetretenem Recht zu unterscheiden.
a) Anspruch des Geschädigten
Maßstab für den Umfang der zu ersetzenden Abschleppkosten sind die erforderlichen Aufwendungen i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB.
Hinweis:
Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.
Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen.
Grundsätzlich muss der Geschädigte daher vor der Beauftragung eines Unternehmers zur Schadensbeseitigung keine Marktforschung nach dem günstigsten Anbieter betreiben (BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13, DAR 2014, 194; OLG Celle, Urt. v. 9.10.2013 – 14 U 55/13, MDR 2013, 1340). Holt er dabei aber keine Erkundigungen ein, so verbleibt bei ihm das Risiko, wenn der beauftragte Unternehmer sich im Nachhinein als zu teuer herausstellt. Insoweit bleibt es auch dem Schädiger unbenommen, dem Geschädigten eine Verletzung der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB nachzuweisen. Gelingt dies nicht und hat der Geschädigte die Rechnung des beauftragten Sachverständigen bereits gutgläubig und ohne Anhaltspunkte für deren Überhöhung ausgeglichen, so kann er auch einen entsprechenden Ersatz des an den Abschleppunternehmer gezahlten Betrags verlangen.
Im Gegenzug steht dem Versicherer die Möglichkeit offen, gegen den Unternehmer einen Rückforderungsanspruch zu verfolgen. Während nach einer Ansicht in der Rechtsprechung (OLG Naumburg, Urt. v. 20.1.2006 – 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029) noch ein solcher Anspruch durch den Geschädigten an den Versicherer abgetreten werden muss, worauf dieser Zug-um-Zug gegen Auszahlung der Vergütungserstattung einen Anspruch hat (§ 255 BGB analog), dürfte nach aktueller Rechtsprechung der Weg bereits über einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter eröffnet sein (BGH, Urt. v. 13.1.2009 – VI ZR 205/08, zfs 2009, 327 = VRR 2009, 18; OLG Dresden, Urt. v. 19.2.2014 – 7 U 111/12).
Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:
- Hat der Unternehmer mit dem Geschädigten keine gesonderte Vergütungsvereinbarung getroffen, schuldet dieser nach § 632 Abs. 2 BGB nur die übliche Vergütung. Soweit der Rechnungsbetrag diese übliche Vergütung überschreitet, besteht mithin ein Rückzahlungsanspruch aus den §§ 812 ff. BGB.
- Hat der Werkunternehmer demgegenüber mit dem Geschädigten eine Vergütungsvereinbarung getroffen und liegt diese deutlich oberhalb der üblichen Vergütung, so trifft ihn jedenfalls eine nebenvertragliche Pflicht, den Geschädigten hierauf hinzuweisen, da ein solch deutlich höheres Honorar u.U. einer Überprüfung durch den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners nicht standhält. Tut er dies nicht, hat er i.d.R. den dadurch entstandenen Mehraufwand zu ersetzen (Nugel zfs 2014, 370 m.w.N.).
b) Klage des Abschleppunternehmers aus abgetretenem Recht
Hieraus ergibt sich, dass bei einer eigenen Klage des vom Geschädigten beauftragten Werkunternehmers, d.h. also des Abschleppunternehmers, aus abgetretenem Recht alle Einwendungen zum Überschreiten der üblichen Vergütung in diesem Prozess geprüft werden können. Auch wenn der Unternehmer zwar den Anspruch des Geschädigten einfordert, wäre er zugleich zur Rückzahlung des überhöhten Betrags verpflichtet. Ihm kann daher mit der dolo-agit-Einrede aus § 242 BGB der Einwand der zu hohen, da nicht üblichen Vergütung entgegengehalten werden (OLG Dresden, Urt. v. 19.2.2014 – 7 U 111/12; AG Krefeld, Urt. v. 10.1.2014 – 6 C 301/13; AG Wesel, Urt. v. 22.10.2013 – 27 C 108/13; AG Ellwangen, Urt. v. 18.3.2014 – 2 C 458/13).
Hinweis:
Andernfalls würde es zu einem unnötigen "Hin- und Herzahlen" kommen, wobei in der Zwischenzeit unsachgemäßer Weise das jeweilige Insolvenzrisiko des jeweils anderen zu tragen wäre. Aus diesem Grund sind im Falle einer Geltendmachung der Werklohnforderung durch den Unternehmer selbst aus abgetretenem Recht die Einwendungen zur Höhe der Lohnforderung direkt zu prüfen und es ist gerade nicht auf den Schutz des Geschädigten abzustellen, der ja auch gar nicht selber Partei des Verfahrens i...